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Drehbericht zu "Abenteurer Groundhopper"

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Text: Jörg Heinisch, Ausschnitte aus dem Buch "Das Abenteuer Groundhopping geht weiter" (2004)

Mitte Dezember meldete sich der Norddeutsche Rundfunk bei Fari. Man wollte unbedingt einen Film über das Groundhoppen und speziell den "König unter den Groundhoppern" machen - und nicht irgendeinen Film: das Beste sollte es sein. Und so lud der NDR Fari zu einem Brasilien-Trip ein. KOSTENLOS! Da sagt man natürlich zu. Und da der Bericht zum Beginn der Bundesliga-Rückrunde Ende Januar ausgestrahlt werden sollte, musste es auch gleich losgehen. Innerhalb weniger Tage stand der Plan: Fari sollte mit einem kleinen TV-Team nach Südamerika fliegen.

Wer das 30-minütige Filmergebnis "Abenteurer Groundhopper" gesehen hat, der wird schon eine ganze Menge mitbekommen haben - doch an dieser Stelle kann man noch viel mehr erfahren: Dinge, die nicht zu sehen waren, weil die Polizei ein Videoband beschlagnahmte oder weil es das TV-Team direkt betraf - denn die Anwesenheit der Fernsehleute war ein eigener Teil des Abenteuers. Hier nun die ganze Geschichte: südamerikanische Fußballatmosphäre pur, der Überfall, die Verfolgung, der Botschaftsempfang. Wieder eine unfassbare Erlebnis-Tour!

Frankfurt: der fehlende Flugschein

Während das TV-Team - bestehend aus dem Redakteur und einem angemieteten Kameramann - von Hamburg aus nach Frankfurt zum Weiterflug nach Sao Paulo einflog, fuhr Fari aus seinem Heimatort Furtwangen mit dem Auto in die Mainmetropole. Am Flughafen sollte sein Ticket hinterlegt sein; Treffpunkt war das Abflug-Gate im Transitbereich.

Genau Punkt 21:05 Uhr kam Fari zum Airline-Schalter, um sein Ticket abzuholen - doch der war seit 21 Uhr geschlossen. Was nun? Lufthansa-Mitarbeiter am Nebenschalter konnten ihm zwar bestätigen, dass er gebucht war, doch ohne Flugschein war kein Durchkommen zum Gate möglich. 45 min vor Abflug informierte Fari den Redakteur per Handy über das Problem - der war schon ganz aufgeregt, weil alle da waren, außer Fari! Außerdem waren die Passagiere längst beim Einsteigen. Während Fari einen Passierschein zum Gate erhielt, musste der Redakteur losziehen, um ein neues Ticket zu kaufen. Nun verhielt sich die Situation umgekehrt: Fari wartete mit dem Kameramann am Gate - der Redakteur fehlte - und das Gate sollte eigentlich schon längst geschlossen sein. Eine Handyverbindung bestand, das Ticket war gekauft, doch der Mann fehlte - die Gate-Crew wollte die Türen schließen, so sehr der Kameramann auch bettelte und sagte, sein Kollege sei in wenigen Sekunden vor Ort. Alles Aufhalten half nichts, der Türschließbefehl kam ..., aber gleichzeitig endlich auch der Redakteur, mit knallrotem Gesicht und nach Luft japsend - im letzten Moment kam das Trio noch an Bord.

Sao Paulo: In fünf Minuten Flughafenwechsel

Während des Flugs beschnupperte man sich gegenseitig. Vereinbart wurde zwischen Redakteur und Kameramann, das abgedrehtes Material immer gleich an den Redakteur zu übergeben war, der es dann immer bei sich tragen wollte.

In Brasilien wartete bereits das nächste Problem: Das Reisebüro hatte für den Weiterflug nach Rio de Janeiro lediglich eine Stunde Umsteigezeit vorgesehen - "zu kurz!" meinte Fari zu den beiden Norddeutschen. Tatsächlich stand man dann bei der Immigrationsbehörde (Grenzübertritt) alleine schon zwei Stunden in der Warteschlange - der Flieger war weg! Der nächste Flug der gebuchten Airline sollte erst einige Stunden später stattfinden - allerdings flog die TAM stündlich von einem anderen Flughafen in Sao Paulo. Fari: "Kein Problem! Der Flughafen ist relativ nah." Der Redakteur: "Wie lange brauchen wir denn? Zehn Minuten? Oder fünf?" ... - Fari: "Eine Stunde etwa" - Redakteur: "Du hast doch NAH gesagt!?" - Fari: "Für Sao Paulo ist das ein Katzensprung!" Der TV-Mann hatte keine Ahnung über die Ausmaße von Sao Paulo. - Aus Budgetgründen bevorzugte man den Bus. Fari wusste den Namen der Linie - da merkten seine Begleiter, dass Fari doch ein wenig Ahnung hatte. Ab da durfte der Schwarzwälder dann alles regeln. Nach einer Stunde war man am anderen Flughafen und etwas später bei 35ºC in Rio. Dort traf man dann einen deutschen Journalisten, der in Brasilien wohnt und das Team komplettieren sollte - er hatte die Aufgabe, sich um organisatorische Dinge wie Presse-Akkreditierungen kümmern und die sonstige Betreuung zu übernehmen. Dieser war natürlich auch erst kurzfristig "gebucht" worden - in der Zeit (von Montag auf Mittwoch) war es schwierig, Akkreditierungen für das erste Spiel zu bekommen. Trotz zahlreicher Telefonate funktionierte im Laufe der Tage fast nichts - für südamerikanische Verhältnisse keine große Überraschung. Angesicht der teuren Bezahlung war dies ein großes Ärgernis für den NDR-Redakteur.

Rio de Janeiro: Panik in der U-Bahn

atletico011.jpgAm Abend lief dann das erste Spiel, das Hinspiel um die Copa Mercosur zwischen Flamengo und San Lorenzo. Trotz Akkreditierung bekam das Team keinen Zugang zum Innenraum - alle Zuständigen vor Ort wussten zwar Bescheid - nur der letztlich Entscheidende am Zugang zum Innenraum nicht - nach Verhandlungen waren immerhin noch Aufnahmen vor Spielbeginn möglich. Fari durfte noch im Innenraum bleiben, die Anderen mussten zurück auf die Tribüne. Das Spiel war grottenschlecht - nach nur siebzig Minuten machten sich die Deutschen auf den Weg aus dem Stadion, um per Taxi zu ihrem Hotel zu gelangen - nur Fari wollte nicht mit: "Die Groundhopper-Regel verlangt Anwesenheit über die komplette Spieldauer. Daran halte ich mich, egal, wie schlecht das Spiel ist." Mit dem Schlusspfiff rannte Fari aus dem Stadion, um dem danach üblicherweise eintretenden Verkehrschaos zu entkommen. Er erwischte auch die erste Metro, die allerdings nach der Hälfte seiner ca. acht zu fahrenden Stationen stehen blieb. Mindestens eine Stunde lang standen die Leute bei geschlossenen Türen im Zug. Dass die Stimmung von Minute zu Minute eskalierte, ist vorstellbar - erst recht, wenn Durchsagen ausbleiben. Zahlreiche Türen wurden von den Menschen entriegelt - die Massen strömten aus dem Zug in eine Metrostation. Erst danach erfolgte eine Durchsage, dass der Zug nicht weiterfahren würde - Gründe wurden keine angegeben. Daraufhin fingen die Menschen an, Scheiben einzuschmeißen, mit Feuerwehrlöscher zu sprühen und in der Station zu randalieren. Faris Problem: Er hatte nun mal noch vier Stationen, und es war weit nach Mitternacht, als keine Busse mehr fuhren. Es wurde noch ein langer Marsch bis zum Hotel - um 4 Uhr am Morgen war er erst dort.

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Zum Frühstück erfuhren dann die TV-Leute von den Ereignissen der Nacht. Sie waren zwar froh, den Anstrengungen entkommen zu sein, doch die Geschichte hatten sie verpasst. Fari bekam zu hören: "Das erzählst Du jetzt noch einmal, wenn wir die Strecke neu abfahren" ...

Sao Paulo: Als der Pilot die Sporen bekam

Drei Tage später sollte die Entscheidung um die brasilianische Meisterschaft in Curitiba stattfinden. Doch was hätte man bis dahin machen können? Die Saison war vorbei. Das TV-Team schlug vor, zu einem Spiel der 6. Liga zu fahren, was Fari, für den es wenigstens die zweithöchste Ebene sein muss, nie ansehen würde - man könne es ja als Zweitliga- oder Aufstiegsspiel verkaufen - das merke der Zuschauer ja doch nicht, meinte der NDR-Redakteur. Doch da machte Fari nicht mit.

Was kam nun in Frage? Immerhin wollte das Team auch die zeitliche Enge bei der Reise von einem Spiel zum nächsten Spiel dokumentieren. Der einheimische Begleiter machte drei Aufstiegsspiele aus: eines in Florianapolis, eines in der "Pampa" in der Nähe des nordbrasilianischen Belém (kam angesichts der beschränkten Budgets aufgrund zu hoher Flugkosten nicht in Frage) und ein Derby in Sao Paulo. So entschied man sich aus Kostengründen für das Spiel der Corinthians-Amateure in Sao Paulo - das sollte am gleichen Tag wie das Spiel in Curitiba stattfinden. Fari überschlug: Anpfiff 1. Spiel 11 Uhr, Flug, Fahrt zum Stadion, Anpfiff 2. Spiel 16 Uhr: "50:50-Chance. Wenn in Sao Paulo ein Platzregen runtergeht, dann geht nichts mehr. Dann sind die Straßen so überflutet, dass die Autopista auf zig km hin zugestaut ist." Das Risiko wurde eingegangen.

Zunächst ging es im Bus von Rio nach Sao Paulo. Von dieser achtstündigen Busfahrt war das TV-Team schon recht müde - für Fari angesichts seiner Reisen und angesichts des modernen Busses nicht ganz nachvollziehbar. Von den Journalisten, die laut Fari "tausend Tode" gestorben sind, hörte er: "Unglaublich wie die Busfahrer hier fahren. Schumacher ist eine lahme Schnecke dagegen."

Fari verabschiedete sich, wollte am Abend noch in einen "Schuppen", wo sich die jungen Leute treffen - seine "Mitstreiter" lehnten ab, sie seien zu müde. So zog Fari alleine los, aß erst noch zu Abend, bevor er sich mit einem Taxi zu dem erst ab 23 Uhr öffnenden "Schuppen" fahren ließ - dort angekommen, glaubte er seinen Ohren nicht zu trauen: Er wurde gerufen. Redakteur und Kameramann standen mit Kamera in der langen Schlange: "Wir dachten, wir brauchen ja noch Aufnahmen von dem, was Du nebenbei noch treibst! Für Dich geht das Leben ja jetzt erst los, aber wir begleiten Dich jetzt eine Stunde, und dann fahren wir zurück. Wir sind ja so todmüde."

atletico009.jpgAm nächsten Morgen war das frühe Spiel schnell abgehakt. Am Flughafen gab es ein Problem mit der Maschine. Der Flugkapitän kam zur Beruhigung zu den Passagieren, von denen mehrere (nicht nur "unser" Team) zum Spiel nach Curitiba wollten. Der deutsche Kameramann filmte begeistert die (nicht gestellte) Szene, als Fari dem Piloten die Uhr zeigte und auf den Start drängte.

Curitiba: Das McDonald's-Drama

Um 16 Uhr - eine Stunde später - sollte der Anpfiff zwischen Curitiba und Sao Caetano sein. Um 20 Uhr wollten Redakteur und Kameramann bereits den Rückflug nach Sao Paulo antreten. Für den Kameramann gab es nur noch eine Chance, die vom Redakteur gewünschte McDonald's-Szene zu drehen, den für Groundhopper sonst üblichen "Restaurant-Besuch". Das wollte Fari eigentlich nicht, das war ihm zu knapp - er wollte ins Stadion. Doch der Redakteur gab nicht nach. Mit versteckter Kamera (die McDonald's-Restaurant-Leitung wollte keinen Dreh) wurde Fari gefilmt.

Etwas später im Stadion schwärmten Redakteur atletico004.jpgund Kameramann von der beeindruckenden Kulisse. Der Redakteur gab genaue Anweisungen, wie der Kameramann alles "einfangen" sollte: so solle es sein; das hätte er schon; zur Sicherheit eine zweite Aufnahme ... und "Geb' mir mal die Kassette raus" ... - er wollte wieder abgedrehtes Material an sich nehmen ... und wurde kreidebleich. Wo war der Rucksack, in dem er das abgedrehte Material sammelte? Da fiel es ihm ein! Abgelenkt durch das heimliche Filmen bei McDonalds, hatte er den Rucksack dort stehen lassen! Das ganze bisher gedrehte Material! Zusammen mit dem einheimischen Journalisten stürzte der Redakteur ins nächste Taxi. Fari dachte sich, dass sie den Rucksack vergessen könnten - der sei längst weg. In Südamerika keine Chance! Doch er stand noch genau dort, wo er bei McDonalds abgestellt war, mit allem Material! Der NDR-Redakteur, der bereits deutlich unter der südamerikanischen Mentalität litt (Beispiele: Busse, die statt nach zehn Minuten erst nach einer Stunde abfahren oder Dinge, auf die man im Hotel statt fünf 30 Minuten wartete), hatte Glück gehabt - was hätte er seinem Sender sonst bloß sagen sollen!? Zurück im Stadion meinte er zu Fari: "Ich bin fix und fertig. Ich bin jetzt vier Tage mit Dir unterwegs. Ich kann nicht mehr. Was ich hier erlebt habe."

Der Redakteur hatte sich wieder erholt und geriet wieder ins Schwärmen. Die Atmosphäre wäre im Buch "Abenteuer Groundhopping", das er auch zuvor gelesen hatte, noch untertrieben dargestellt - das wäre alles noch viel besser. Fari entgegnete, dass das noch steigerungsfähiger wäre, was sich der Redakteur nicht vorstellen konnte. Doch, doch, in Argentinien sei alles noch extremer, das Chaos, die Aggressivität, die Stimmung, alles sei noch krasser! Im Internet hatte Fari herausgefunden, dass in der folgenden Woche zum Zeitpunkt des Rückspiels in Sao Caetano (bei Sao Paulo) der letzte Spieltag der argentinischen Meisterschaft gespielt werden würde. Er schilderte, dass dann in Buenos Aires, wo beide Mannschaften herkamen, die noch Meister werden konnten, die Nacht zum Tag werden würde, was alles passieren würde, dass es wie jedes Jahr auch wieder Tote geben würde.

Der Redakteur witterte eine weitere Steigerung und bat Fari, doch dorthin zu fahren. Fari würde eine Kamera mitbekommen - alle Unkosten würden getragen werden. Und das Rückspiel der Copa Mercosur von San Lorenzo gegen Flamengo hätte Fari auch noch mitnehmen können. Der Redakteur sah sich gezwungen, Fari nach Argentinien reisen zu lassen und ahnte nicht, in welche Gefahr er ihn schickte.

Mittwoch: Plünderung vorm Rückspiel

Mittwochnachmittag erreichte Fari die argentinische Hauptstadt und überraschte nach einer Busfahrt ins Zentrum seine dort wohnenden Bekannten, die er bei früheren Touren nach Südamerika kennen gelernt hatte. Während Fari den Umstand seiner Reise erklärte, lief der Fernseher - zu sehen war, wie viele Personen Supermärkte plünderten - was Fari nicht wusste: Es waren Live-Bilder, und es fand in der Parallelstraße direkt hinterm Haus statt. Das erfuhr der verblüffte Schwarzwälder dann gleich darauf.

Die Finanzkrise in Argentinien hatte sich zugespitzt. Die Regierung hatte die Konten der Bevölkerung fast vollständig sperren lassen - man kam nicht mehr an sein Geld heran. Lohn wurde nicht ausbezahlt, Rechnungen konnten nicht bezahlt werden - die Lage war eskaliert.

cheer001.jpgFaris Gastgeber hatten selbst ein Möbelgeschäft, das schnell abgesichert wurde. Angesichts der TV-Bilder entschloss sich Fari, "das muss ich mir angucken!" Trotz Warnungen wegen der Gefährlichkeit ging Fari zum nächsten Supermarkt, der trotz Polizeisperren immer wieder gestürmt wurde. Und so nahm er für den NDR-Film ein paar Bilder auf. Doch zu dem, was sich am nächsten Tag ereignete, war das noch gar nichts.

Eine Stunde später war Fari wieder am Haus seiner Gastgeber - die hatten große Angst: das Möbelgeschäft war komplett verbarrikadiert, und selbst in die Zimmer, die in einer oberen Etage vermietet wurden - wo Fari untergekommen war und wo auch sein großer Rucksack abgestellt war, bestand kein Zugang mehr - doch das brachte in dem Moment sowieso nichts - schließlich sollte das Final-Rückspiel um 21 Uhr angepfiffen werden - auf zum Stadion! Oder war es doch 21.30 Uhr? Zur Sicherheit fragte Fari San Lorenzo-Fans, die er am Bahnhof traf - dann die Schreckensmeldung: ABGESAGT! Faris Kinnlade senkte sich ab. Warum? Die innere Sicherheit sei nicht gewährleistet gewesen - erst recht nicht am Stadion, wo sowieso immer ein Brennpunkt bestehe. Zudem begannen in dieser Gegend die Unruhen. (Da die Kamera bei dieser tragischen Nachricht nicht lief, wurde einem Fan die Kamera in die Hand gedrückt und die Szene - inkl. Schlagen der Hände über dem Kopf - noch einmal nachgeholt. Das durfte ja nun nicht im Film fehlen ...)

Donnerstag: Raub und Verfolgungsjagd

Am nächsten Tag wanderte unser Fußball-Reisender auf der Suche nach Motiven durch Buenos Aires. (Die Stadt ist übrigens wie ein Schachbrett in Rechtecken angelegt.) Ihm entging nicht der aufsteigende Rauch, der etwa vom Sitz des Staatspräsidenten her kam - zahlreiche Menschen versuchten, diesen zu stürmen. Der Sitz war von einem Polizeigürtel umgeben. So blieben die Gebäude im Bankenviertel, durch das Fari ging, unbewacht - vor den Augen der nicht einschreitenden Polizei wurden Scheiben eingeschlagen und Mobiliar angezündet.

Die Lage eskalierte nun. Autos wurden in Brand gesetzt. Die Polizei setzte Tränengas ein und schoss mit Gummigeschossen - auch Fari bekam von Beidem etwas ab - beim Springen über Hindernisse riss auch noch sein Hemd. "Mein Job ... bzw. der Auftrag des NDR war ..." Bilder von dieser "Revolution" zu bekommen, so Fari - denn das gehörte jetzt zu dieser Reise. Doch das war noch die Meinung des NDR-Redakteurs, als Fari tags zu ihm nach Brasilien telefonierte - da schien die Lage noch vergleichsweise "harmlos" zu sein.

Doch wem sollte Fari die Kamera anvertrauen? Wer kann damit umgehen und weiß, was "er" braucht? Und so hielten Leute, die zuvor eine Scheibe eingeschmissen hatten, die Kamera, während Fari mal durch das Bild lief und dabei die im Hintergrund zu sehenden Ausschreitungen fotografierte. Fari hatte genug Material - und die beiden Akkus der Kamera waren inzwischen leer. Nun mussten die Akkus aufgeladen werden - wer wusste schon, was noch in der Nacht passieren würde ...

Nachdem am Nachmittag bekannt wurde, dass der Präsident zurückgetreten sei, "normalisierte" sich die Lage. Nach Rücksprache mit dem NDR-Redakteur wollte Fari nun noch vor der Kamera den Tag Revue passieren lassen. Und da passierte es ...

Der Auftrag war klar. Zur Sicherheit blieb das abgedrehte Material im Hotelzimmer. Nachdem die Kamera einigermaßen fest auf der Kameratasche stand, postierte sich "ARD-Korrespondent" Farsang vor einem noch qualmenden Haus. Die Kamera lief und Fari begann zu erzählen ... - und noch während er den Tag schilderte, kam jemand von hinten angelaufen, schnappte sich die Kamera und lief davon. Im gleichen Moment griff sich eine weitere Person die Kameratasche und lief in eine andere Richtung davon. Als Fari die Verfolgung des Kameradiebes aufnehmen will, wird er von hinten runtergedrückt - ein dritter Mann wollte die Verfolgung verhindern. Fari riss sich los und konnte trotzdem hinterher rennen. Die Taktik des Flüchtenden war, hinter jeder Ecke seinem Verfolger aus dem Blickfeld zu entkommen. Der Zickzack-Kurs um die Blöcke zahlte sich nicht aus - Fari kam ihm immer näher. Doch dann fuhr ein Pick-Up-Wagen an ihm vorbei - am Steuer jener dritte Mann, der ihn zuvor aufzuhalten versuchte. Er bremste neben dem Flüchtenden, der auf die Ladefläche sprang. Kurz bevor Fari den Wagen erreichte, brauste dieser davon.

Was sollte er jetzt machen? Nachher würden die vom NDR noch glauben, er hätte die Kamera verhökert. Während er noch kräftig fluchte, bog ein alter Ford Taunus um die Ecke - "die letzte Möglichkeit" schoss es ihm durch den Kopf. Immerhin war es weit nach Mitternacht und kein Taxi unterwegs. Er sprang vor das Auto und zwang es zum Stehen. In allen Sprachen (portugiesisch, spanisch, englisch, deutsch) versuchte Fari in Windeseile klar zu machen, dass er überfallen worden sei "und dort vorne noch die Banditen fahren". Im Auto reagierte man schnell - hinter dem Beifahrersitz ging die Tür auf - Fari sollte reinkommen und sah das nächste Unheil auf sich zukommen: er blickte auf einen Revolver ... Die drei Insassen hatten schon nicht besonders vertrauenswürdig ausgesehen - "die gehören bestimmt dazu", schoss es dem Deutschen durch den Kopf. Doch Fari hatte mal Glück - der Revolver zielte nicht auf ihn, sondern steckte in einer Jeans. Es handelte sich auch nicht um Verbrecher, sondern um Zivilpolizisten auf Streife. Und so konnte die Verfolgung tatsächlich wieder aufgenommen werden.

Auch der flüchtende Pick Up, dessen Fahrer den verfolgenden Wagen ausgemacht hatte, folgte der Zickzack-Fluchttaktik. Trotzdem war nach drei bis vier Minuten alles aus - über Funk verständigt, sperrte ein Polizeiwagen ein enges Stück Straße, während der Wagen der Zivilpolizisten von hinten den Fluchtwagen einkeilte. Nun könnte man denken, die Polizisten hätten alles unter Kontrolle gehabt - falsch gedacht - einer der drei Täter wollte fliehen - und der einzige Zivilpolizist mit Waffe konnte nicht rechtzeitig aus dem Wagen springen, da die entsprechende Tür klemmte. So sprang Fari noch einmal hervor und stoppte den letzten Fluchtversuch, wobei sich der Gegner einen Nasenbeinbruch einhandelte. Während das Blut kräftig floss und ein Krankenwagen verständigt wurde, sah Fari nach der Kamera - und die nahm immer noch auf! In der Situation machte Fari nun einen Fehler - er nahm die Kamera auf und wollte die Verhaftung filmen, was die Zivilbeamten nicht wollten. Da man unsicher war, ob Fari sich wirklich daran halten würde, beschlagnahmte man das Videoband - "Beweismittel" ... (Versuche des NDR, das Band noch rechtzeitig vor der Ausstrahlung des Films im letzten Monat zurückzubekommen, scheiterten.)

Nachdem am Abend Diebesbanden unterwegs waren, die geplündert hatten, fragte die Polizei Fari, ob ihm die Kamera gehören würde - es hätte auch Diebesgut sein können. Nachdem Fari nicht die Bezeichnung der Kamera nennen konnte, wurde auch die Kamera beschlagnahmt. Die Nacht war noch lange nicht beendet.

Zusammen mit den Tätern wurde Fari zu einer Polizeistation gebracht, wo er alles neu erzählen musste. Da es zu Verständigungsschwierigkeiten kam, als man ihm Rechte vorgelesen hatte, mit denen er nichts anfangen konnte, wurde die deutsche Botschaft informiert. Der deutsche Botschafter persönlich kam vorbei, bekam erst die Geschichte 20 Minuten aus Polizeisicht (Fari hörte den Diplomaten immer nur "unglaublich" stammeln) und dann in der deutschen Version von Fari zu hören. So eine Geschichte hatte der Botschafter in seinen 20 Dienstjahren noch nicht gehört.

Fari wurde vom Botschafter zu seiner Bleibe gefahren. Unterwegs rief der Diplomat - es war 5 Uhr morgens - beim NDR-Redakteur an, um sich die unglaubwürdige Geschichte um die Filmproduktion bestätigen zu lassen. Am anderen Ende der Leitung war jemand "von den Socken": Wie? Deutsche Botschaft? Überfall? Kamera ist weg?

Beschleunigen wir an dieser Stelle den Fall: Nach weiteren Verzögerungen wurde immerhin die Kamera wieder herausgegeben. Fari wurde in die Botschaft zum Essen eingeladen und musste dem Personal die ganze Geschichte erneut erzählen, weil die es sonst nicht glauben würden.

Da nach der Absage des Finalrückspiels um die Copa Mercosur auch der letzte Spieltag der argentinischen Meisterschaft abgesagt (und auf Ende Januar verlegt) wurde, blieb Fari nur noch der Rückzug nach Brasilien - dort gab es schließlich noch das Rückspiel um die brasilianische Meisterschaft mit Zweitligist (!) Sao Caetano, der zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte das Endspiel erreicht hatte.
 
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