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Sebastian Rode: „Jeder weiß, was die Stunde geschlagen hat!“ |
(as/bom) Sicherlich kein leichter Schritt für einen jungen Spieler von Offenbach, zur Eintracht zu wechseln. Sebastian Rode hat ihn dennoch gewagt. Doch schon nach zwei Monaten bei seinem neuen Arbeitgeber verletzte sich der gebürtige Südhesse schwer - bei seinen ersten zwei Spielen wusste er dennoch zu überzeugen. Grund genug für uns, ihn vor dem Stuttgart-Spiel auf der Geschäftsstelle ein paar Fragen zu stellen.
Zum einen wollte ich meine Beziehungen zum Rhein-Main Gebiet aufrechterhalten, dann hatte ich auch früher häufig gegen die Eintracht gespielt und war ab und zu im Stadion - da weiß man natürlich, dass die Fans hier super sind. Außerdem ist die Eintracht ein Verein mit Tradition, bei welchem die Perspektive gestimmt hat…oder stimmt (lacht).
Die Vereine sind nun nicht für eine innige Fanfreundschaft bekannt. Hat dir dein Wechsel jemand übel genommen?
Ja klar, einige Fans sicherlich, aber das habe ich auch nur von anderen Leuten gehört, die das in den Foren gelesen haben. Für mich war der Wechsel von der dritten in die erste Liga ein wichtiger Schritt - es ist ja nicht so, dass beide Vereine auf Augenhöhe wären…
…wir können das vollkommen nachvollziehen! Was wurde denn da so genau über dich gesagt?
(überlegt) So genau habe ich das nicht mehr im Kopf.
Kam der Unmut der Fans für dich überraschend oder hattest du das einkalkuliert?
Natürlich hatte ich das einkalkuliert. Mit bestimmten Entscheidungen kann man nicht alle Menschen glücklich machen. Es kam aber darauf an, was für mich das Beste ist.
Warst du nach deinem Wechsel noch mal auf dem Bieberer Berg?
Ja, ich war nochmal auf dem einen oder anderen Spiel. Einige Fans hatten mich dann auf der Tribüne erkannt und wollten sogar ein Foto mit mir machen... es sind also nicht alle so, wie in den Foren.
Du hast schon in Darmstadt, Offenbach und nun in Frankfurt gespielt, doch für welchen Verein hat als Kind dein Herz geschlagen?
Ich war, seit ich denken kann, Dortmund-Fan.
Okay… heute geht es aber wieder?
(lacht) Ja, und ich hoffe auch, dass wir am letzten Spieltag gegen die Borussen gewinnen!
Erinnerst du dich noch an den 3. September?
Meint ihr in Österreich? Ja, daran kann ich mich erinnern.
Wusstest du gleich, dass die Verletzung schlimm ist?
Nein. Vor dem Spiel hatte ich eine Schmerztablette genommen und da ist es mir erst am nächsten Tag aufgefallen, abends konnte ich schon kaum noch laufen.
Du hast bereits ein Kreuzbandriss und einen Knorpelschaden hinter dir. Hast du Angst vor weiteren Verletzungen?
Die Ärzte haben mir versichert, dass beide Verletzungen gut verheilt sind und alles bombenfest ist. Der Knorpelschaden war ja auch gar nicht so schlimm - das war ja nur ein ganz kleines Stück. Fußball ist halt immer Verletzungen verbunden. Ich hoffe aber natürlich, dass ich jetzt mal längere Zeit ohne Verletzungen trainieren und spielen kann.
Hattest du dir während deinen Verletzungen auch schon mal überlegt, vielleicht doch was anderes als Fußball zu machen?
Ne, Ne, dafür macht mir das zu viel Spaß!
Da du das erste halbe Jahr mehr Zeit in der Reha als im Mannschaftstraining verbracht hast, bist du bereits angekommen bei der Eintracht?
Vor der Verletzung habe ich ja immerhin zwei Monate mit der Mannschaft trainiert. Aber natürlich ist es schwer, als Neuzugang dann gleich sechs Monate zu fehlen - da musste ich mich zunächst wiedereinfinden, aber das hat ganz gut geklappt.
Wie hat dich das Team aufgenommen? Gab es jemanden, der sich für dich verantwortlich gefühlt hat, dir alles gezeigt hat?
Also zugeteilt wurde mir niemand. Ich habe mich vor der Vorbereitung mit Sebastian Jung getroffen, der hat mir alles hier gezeigt. Ich kenne ihn ja schon seit ich zwölf Jahre alt bin. Wir haben gegeneinander in der Bezirksauswahl gespielt, und man hat sich danach immer mal wieder auf dem Platz gesehen - da lag es nahe, dass er meine erste Bezugsperson ist.
Gibt es innerhalb einer Profifußballmannschaft echte Freunde?
Ja klar, die gibt es wie in allen anderen Berufen. Man hat halt mit dem einen mehr zu tun als mit dem anderen.
Braucht ein Fußballer fußballfremde Freunde?
Das braucht man auf jeden Fall, um abzuschalten. Gerade weil es im Profifußball so ein großes Medieninteresse gibt, braucht man auch Freunde, mit denen man sich über andere Dinge unterhalten kann.
Wie kommt es, dass gerade du, als Neuling und Youngster, in einem Spiel wie gegen Nürnberg in dem kaum ein gestandener Eintrachtler zu seiner Normalform findet, so gut spielst?
Mir ist auch nicht alles gelungen… aber man ist besonders motiviert und will das Spiel nutzen, um sich präsentieren zu können. Vielleicht klappt es jetzt am nächsten Wochenende dafür nicht so gut, aber dafür bei jemand anderem besser - so ist das halt.
Kann es vielleicht auch daran liegen, dass du mit Ausnahme des Hamburg-Spiels bei sonst keiner Niederlage dabei warst und eventuell mehr Selbstbewusstsein hast oder hast du weniger zu verlieren hast, da du ja eh auf der Bank gesessen hättest und schlimmstenfalls wieder auf die Bank kommen könntest?
(lacht) Gute Perspektive! Die Spieler sind - denke ich - mal Profis genug und sollten trotz allem mit genügend Selbstbewusstsein in so ein Spiel rein gehen. Auch wenn ich bei den anderen Spielen nicht dabei war: Wir sind eine Mannschaft, und somit habe auch ich die Spiele verloren. Man bekommt es ja auch mit, wie sich die anderen fühlen.
Spielt eine so schlechte Serie eine Rolle, wenn man auf dem Platz steht? Hat man als Spieler sowas im Kopf, wie "Verdammt wir müssen unbedingt gewinnen!"?
Mit so einer Einstellung dürfen wir nicht in ein Spiel gehen! Gegen Stuttgart ist es jetzt ein sehr wichtiges Spiel, darauf müssen wir uns konzentrieren. Heute Abend gehen wir zusammen essen und schauen uns das Europa-League Spiel an…
…mit oder ohne Trainer?
Mit Trainer. Der wird uns nochmal vor Sonntag heiß machen, aber ich denke, dass jeder Spieler weiß, was die Stunde geschlagen hat!
Du hast dich in Nürnberg in jeden Zweikampf geworfen; hast du bei deiner Vita keine Angst, dich erneut zu verletzen, und riskierst du auch nicht, Karten zu bekommen?
Mit Gelben Karten kann ich leben. Meine Spielweise ist es, aggressiv am Mann zu spielen… eigentlich sollte das die Spielweise von jedem sein. Angst wegen Verletzungen haben eigentlich eher andere Leute, wie zum Beispiel meine Familie.
Außenstehende mögen Vergleiche mit bekannten Spielern. Da ist Götze (Dortmund) der neue Messi, Neuer der neue Kahn. Den Spielern gefällt das meist überhaupt nicht. Trotzdem, mit wem würdest du dich und deine Spielweise vergleichen?
(überlegt) Meine Spielweise…
Heiko Herrlich hatte im Interview gesagt, dass du ihn an den jungen Matthias Sammer erinnerst.
(lacht) Das habe ich auch schon gehört. Ich bin ja recht jung und habe zwar Spiele von Matthias Sammer gesehen, kann mich aber nicht wirklich daran erinnern.
Hast du Vorbilder?
Früher war mein Vorbild Thomas Rosicky, mit dem habe ich mich ein bisschen verglichen.
Gegen Nürnberg hast du dein erstes Bundesligator geschossen - leider stand Gekas zuvor im Abseits. War dir das sofort klar oder hast du dich kurz gefreut?
Der Ball schlug im Winkel ein und als ich aufstehen wollte, blickte ich zur Seite und sah, dass der Linienrichter die Fahne oben hatte. Da bin ich erst mal enttäuscht in mir zusammen gesackt, aber dann musste es weiter gehen.
Du hast dich in Nürnberg bis ganz in die Kurve gewagt, begleitet von Schwegler und Franz. Was sind dort für Worte gefallen? Wieso bist du mitgegangen?
Das Gespräch ging gar nicht so lange… wir wurden halt beschimpft. Der eine wollte mein Trikot, das habe ich ihm dann gegeben…
…der hatte dich aber vorher nicht beschimpft?
(lacht) Nein, der hatte mich nicht beschimpft!
Was denkt man da als Spieler, wenn man beschimpft wird?
Die Fans fahren 300 km, opfern viel Zeit und sehen dann ein Spiel, das wir 0:3 verlieren - da kann ich den Unmut schon nachvollziehen!
Null Tore in sechs Spielen, hast du sowas in deiner Karriere bereits einmal erlebt?
Nein, sowas habe ich noch nicht erlebt.
Kannst du dir das erklären? Es ist ja nicht so, dass der Ball einfach nicht über die Linie will, sondern noch nicht mal in die Nähe vom Tor kommt…
Stimmt, wir haben auch wenige Chancen. Irgendwie liegt es an allen Mannschaftsteilen, wir kommen nicht früh genug in die Zweikämpfe, und das Selbstvertrauen ist nicht gerade das Beste. Dann passiert es halt, dass unsere Pässe nicht gut nach vorne kommen - das sollten wir aber schleunigst ändern!
Was sind deine Hoffnung, dass es ausgerechnet jetzt besser wird?
Wir machen uns Mut und wollen als Einheit auftreten. Wenn wir irgendwie mal ein reinwürgen, platzt vielleicht auch der Knoten.
Die Situation ist ja nicht gerade anders als letzte Woche. Da werdet ihr euch ja schon ähnliches vorgenommen haben. Was wollt ihr jetzt noch anders machen?
(lacht und überlegt) Heute Abend unternehmen wir als Mannschaft schon zum zweiten Mal in dieser Woche was zusammen, die Trainingswoche ist diesmal länger und der Trainer hat auch einige Dinge anders angesprochen…von daher muss jetzt mal klappen!
Du bist mit der Tochter von Finanzvorstand Dr. Pröckl zusammen und das bereits seit drei Jahren? Wie hast du, als Kickers-Spieler die Tochter eines Eintrachtler kennengelernt?
Wir haben uns ja nicht vorgestellt mit "Ich bin der Sebastian Rode und spiele bei Kickers Offenbach" und sie hat nicht gesagt "Mein Vater arbeitet bei der Eintracht." Wir sind beide in Bensheim 100m voneinander auf die Schule gegangen. Da haben wir uns ab und zu in der Stadt getroffen und dann kam das eine zum anderen…
Hat sich der Herr Pröckl bei deinen Wechsel zur Eintracht rausgehalten oder wurde am Küchentisch das ein oder andere Wort darüber verloren?
Er hat sich größtenteils da raus gehalten - es war ja meine Entscheidung. Höchstens hat er mir gut zugeredet, aber nicht unbedingt beeinflusst.
Angenommen du wärst kein Fußballprofi geworden, was wärst du dann?
Ich habe im Sommer mein Abitur gemacht…
…mit welchem Durchschnitt?
2,7…hätte besser sein können, ist aber okay. Vor zwei Jahren habe ich ja schon in Offenbach meinen ersten Profivertrag unterschrieben, das ist ja eigentlich die Phase, in welcher man sich Gedanken macht, was man nach dem Abitur macht, und da habe ich mich nicht großartig damit befasst, was ich noch machen könnte.
Ich hätte wohl schon etwas im sportlichen Bereich studiert.
Hast du vor, noch während der Karriere eventuell ein Fernstudium zu machen?
Da sind schon Überlegungen da, wenn auch nicht intensiv, aber auf jeden Fall will ich noch während der Karriere als Profi was machen.
Ein Klischee ist ja: Nach dem Training geht man essen, dann spielt man Playstation, dann geht man wieder essen, am nächsten Vormittag ist wieder Training. Stimmt das?
Ich treffe mich viel mit Freunden, unter anderen auch zum Playstation-Spielen. Ich mache aber noch ganz normale Dinge, wie beispielsweise einkaufen gehen.
Du wohnst nicht mehr zu Hause in Südhessen?
Doch noch…
Hast du vor noch nach Frankfurt zu ziehen oder geht das von der Entfernung?
Es geht von der Entfernung, aber die Überlegungen zum Umzug sind da.
Das war es. Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast!
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