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Schnullis großer Tag

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Die unglaubliche Geschichte des MSV Duisburg-Fans, der einen Abend lang ohne Berechtigung durch den Innenraum des Waldstadions spazierte und noch ganz andere Dinge anstellte, nur weil den Ordnern sein Taschentuch gefiel …


(ext) Vor einigen Stunden lauschte ich noch Hellmich, Voss und Baelum in der Schifferstralala. Ein Tag, nachdem wir unsere Aufstiegshelden nach einer langen aber kurzlebigen Fahrt nach Frankfurt im Wedaustadion feiern durften. Als wir dort ankamen, brannten Bengalos auf der ganzen KöPi und die Leute standen in froher Erwartung, die Aufstiegsmannschaft endlich sehen und feiern zu können.

Als der Hellmich-Truck mit den Spielern endlich ins Stadion einfuhr, wollten tausende Zebras mitten in der Nacht vom Montag auf Dienstag die Nacht zum Tage verwandeln. Doch leider ließ uns unverständlicherweise der Ordnungsdienst nicht sofort auf's Innere. Also dachte ich mir: "Gehe doch zum Eingang der Haupttribüne, und schleiche dir dort rein" Gedacht, getan: Taschentuch vorgezeigt, und durch. Unten auf dem Rasen angekommen, feierte ich die Mannschaft und die dazugehörigen Fans, wie es sich gebührte!

Taschentuch? Beginnen wir doch einfach am Anfang.


Am Samstag in Duisburg eingetroffen, wurde erst im Rahmen des Fanclubs "msvfans.de" die Schiffsfahrt bequatscht. Nach dem Motto: "Randalierer über Bord". Am Sonntag ein lustiger, aber wenig spannender Abend im Ballkontakt, da Aachen und Essen nicht unserem passiven Aufstieg hold waren.

Da bekam mich schon ein mulmiges Gefühl. Der Aufstieg ließe noch einige Zeit auf sich warten. In Frankfurt gewinnen? Niemals - so zumindest meine Befürchtung.

Kurz vor der Abfahrt aus meiner privaten MSV-Unterkunft, steckte die Hausherrin mir ein Taschentuch zu: mit Abbildungen war dort zu lesen: "Schmetterling doof - Baum doof - Alle doof - ohne dich ist alles doof!"

"Hmmm, na gut; meinen Pessimismus hatte ich schon zu Genüge kund getan, doch dass ich gleich bei einer Niederlage heulen würde.. - egal, Frauen halt!"

Gediegene Fahrt mit dem Fanclub nach Frankfurt. Belgisches Bier natürlich en masse.

Am Waldstadion angekommen, kurz durch den Wald, Ticketkontrolle und einen weiteren Fußmarsch. Doch kurz vor der Treppe, die uns zu unserem Block führen sollte, erspähten wir zwei große alte Türme, dessen Eignung wir uns nicht gewiss waren. Zaun und Bäumen entlang, sah ich plötzlich eine Lücke in den Baugittern, hinter welchen zwei Ordner aus Frankfurt standen. "Das ist mein Eingang" dachte ich nur und wich von den herbei strömenden Fans ab.

Die Eintrittskarte hatte ich ja bereits gezeigt, und so musste ein anderes Papier herhalten, um denen zu zeigen: "Ich darf da durch". Also in die Hosentasche gegriffen, und was sah ich? Dieses ominöse Taschentuch.

Ohne_Dich_ist_alles_doof2.jpgHochgehalten und kurz im vorbeigehen vorgezeigt. Keine Reaktion. Ok, und durch.

Plötzlich stand ich im Innenraum es Waldstadions. Gerade rechtzeitig zum Anstoß. Kurz die Lage gepeilt: "Wo sind die DU 98 und die UF97?"

Spiel beginnt. Wo soll ich hin? Würde ich jetzt noch versuchen wollen, in den Duisburger Block zu gelangen, wäre ein Ausschluss aus dem gesamten Stadion wahrscheinlich. Daher: erst einmal zu den Duisburgern rüber. Dort versorgte mich ein Fan mit wenigen Schlücken durchs Gitter mit Bier, doch dort konnte ich nicht lange verweilen, da die Ordnungskraft in großer Überzahl vorhanden war und ich mir das Spiel unter keinen Umständen entgehen lassen wollte.

"Wo werden jetzt die Tore fallen?" - Mein Pessimismus wich dem Optimismus, und so ging ich hinüber zu den Frankfurtern. Kurze Zeit später, sah ich, wie Drsek einen langen Pass auf Wolters spielte, der wieder schnell zu Aziz, und ich dachte nur "Zieh kurz nach links, Schuss und Tor". Was macht unser Fußballgott? Zieht kurz nach links und schießt drauf.

Das waren für mich die längsten Millisekunden meines Lebens: der Ball nimmt Fahrt auf, immer höher und höher. Pröll macht ein, zwei Schritte, macht sich länger und länger, seine Finger fahren aus, um den Besitz der Begierde zu erhaschen. Der Ball senkt sich. Kommt direkt auf mich zu und versenkt sich schließlich im Netz! 0:1 !!

Feiern war angesagt, jedoch nicht all zu stark, denn wenn die mich hier entdecken, bin ich raus aus dem Stadion - und das geht ja mal gar nicht!

Die Frankfurter Fans schmeißen alles in die Schale, dazu fällt mir nur die abfällige Bewegung des "Mäck, Mäck, Mäck." ein. Hui, ein wahrer Sturm entrüstet sich. Ich bekomme Feuerzeuge und einige Cents geschenkt, auch wenn sie mich im Moment nicht wirklich interessieren. Wohin jetzt? Aus der Schusslinie gelange ich auf die noch nicht fertige Tribüne. Mikrofone vom DSF!! Was war noch mal Hausmeisters Wunsch? "Bring mir ein paar Mikrofone mit!" Na ja, hier war ich halt nicht in der Menge der Fans gesichert, daher schien mir die Aktion als zu riskant - vielleicht ein anderes Mal.

Plötzlich ein Pfiff in unserem Strafraum. Elfmeter für Frankfurt! Also nichts wie rüber zum Schorsch und dem noch mal sagen, dass über 50% in der rechten Ecke versenkt würden. Da aber zu viele Fotouschis bereits hinter dem Tor positioniert waren, hielt ich meine Klappe und wartete das weitere Geschehen ab.

Halleluja, er hatte nicht auf mich gehört, bzw. ich hatte ihm nicht den falschen Tipp gegeben. Gehalten! Fäuste in der Jackentasche geballt.

Nun machten sich die Biere der Anreise bemerkbar. "Wo zum Henker, gibt es hier im Innenraum ein W.C.?"

Noch mal die Lage gepeilt. Es gab für mich kein Entrinnen. Doch was machen die lustigen Hessen denn da? Fahren die doch während des Spiels Straßenbahnschienen auf's Feld. Ich also rüber, die Plane für die Katakomben wurden ausgefahren. Der Schiri pfiff ab, und die Spieler folgten dem Tunnel. Ein nach einander gingen die Spieler an mir vorbei, bis die Bank des MSV ankam. Den Jupp unter die Arme gegriffen, fragte ich ihn nur kurz: "Und, kommste noch rein?" Von da an war der Bezug zwischen mir und dem Verein den Ordnern gegenüber hergestellt und ich konnte mit dem Jupp und allen anderen in die Katakomben verschwinden. Dort wird es doch wohl hoffentlich ein W.C. geben.

Unten angekommen, ging es rechts ab zu den Kabinen. Plötzlich stand ich in der Kabine unserer Zebras. Schnell wurde mir klar: "Was zum Teufel machst du hier??" Die Jungs gucken mich an, wie ein Fremdkörper und schon spazierte ich weiter. Funkel im Gang: "Weiter geht's!" Ab nach rechts. Sackgasse. Die Schiris standen vor mir und wollten in ihre Kabine.

Nobbi schickte gerade El Kasmi, Wehlahe und Spitzak raus zum Warmlaufen. "Hey Holger, kommst du noch rein? - "Mal schauen!" Und wieder raus auf den Rasen. Dort angekommen war mein sehnlichster Wunsch: "Ein Königreich für ein Dixi-Klo". Hin zu den Duisburgern, doch hatten sich dort die Vereinigung "Ordner und Polizei" zur Jahresabschlussfeier verabredet. "Geht ja mal gar nicht!" war mein Gedanke, und ich lief in den Tunnel, links von "unserem" Block rein. Dort standen einige Fahrzeuge der hiesigen Feuerwehr, hinter welchen ich mich endlich entlasten konnte.

Wiederanpfiff. Die UF97 hatten mehrere Mikrofone aneinander gekoppelt und die Kabel verliefen über den Innenraum. Auseinander reißen war nicht drin. Also drauf rumtrempeln. Brachte nichts.

Das Spiel plätscherte dahin. Koch hielt prächtig und Kurth vergab die beste Chance auf Duisburger Seite.

Kurz vor Schluss wurde ich ungeduldig. Einwurf für uns in Frankfurts Hälfte. Nasir kommt und schnappt sich den Ball. "Lass liegen und ruf den Pavel" war meine unmittelbare Ansage. Und tatsächlich, Nasir ließ den Ball liegen, doch statt Pavel kam Anfang. Resultat: falscher Einwurf! Man, was kann man sich doch auch inkognito aufregen. Und da gingen die Zebras mit mir durch: wüste Beschimpfungen für den Schiriassistenten..

Nachspielzeitzeit. Ich tigerte die Werbebanden entlang und ersehnt den Schlusspfiff.

Als dieser kam: "Wenn ich jetzt jubele, bin ich raus - also noch ein wenig warten". Vom Duisburger Block aus, schlenderte ich Richtung Koch, auf den sich bereits die halbe Mannschaft geschmissen hatte.

Aziz, Baelum, Bugera und schließlich Schischi wurden von mir umarmt. Da schossen mit die Tränen in die Augen und ich konnte mein wahres Gesicht nicht mehr verbergen! Ich schritt zum Mittelkreis, Jacke aus, Trikot aus und auf den Mittelpunkt gelegt. Ein Stossgebet und ab zum Duisburger Fanblock. Gestikulierend forderte ich zum Platzsturm. Eine Frankfurterin sagte mir daraufhin: "Die Duisburger kommen hier nicht rein - und überhaupt - wo ist ihr Ausweis!?" "Ausweis? Habe ich nicht, ich habe nur eine Stehplatzkarte, die ich auch als stehender Gast hier in Anspruch genommen habe!" "Raus und weg mit Ihnen!!"

So wurde ich des Stadions verbannt - auch wenn ich noch mal kurz an anderer Stelle rein kam... es hat sich mal wieder gelohnt!

Heute meinte ein Ur-Ultra zu mir: "Pass auf, die erste Liga ist ein anderes Kaliber!"

Ja und? Erste Liga - Duisburg ist dabei - und meine Wenigkeit auch!

Anmerkung der Redaktion: Er wankte hin und her, feuerte bei Eckbällen seiner Mannschaft die Spieler an und wurde doch nicht im Innenraum kontrolliert - so sehr sich die Vertreter der Eintracht-Fanmedien im Innenraum auch darüber wunderten ... - die Echtheit dieser Geschichte ist verbürgt. Seinen echten Namen haben sicherheitshalber wir durch einen erfundenen Spitznamen ersetzt.

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