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Pleiten und TV-Gelder |
(ak, zum 14.03.2015) Sportlich ist in dieser Saison noch alles drin. Wenn man von Meisterschaft und Abstieg absieht. Wobei letzteres im Zweifel sicherlich wahrscheinlicher wäre. Aufhorchen ließ Heribert Bruchhagen, der ausgerechnet nach dem peinlichen Auftritt in Mainz laut von Europapokal-Hoffnungen träumte. Sehr ungewöhnlich für den ansonsten sehr zurückhaltenden Eintracht-Chef. Vielleicht hat er ja einfach nur gelernt. Während im vergangenen Sommer Bierhoff und Co. schon vom WM-Titel sprachen, bevor der Ball rollte, wünschte sich Bruchhagen mehr Zurückhaltung, da er den Anspruch auf die Weltmeisterschaft für Deutschland als anmaßend empfand. Okay, wie das ausging, wissen wir. Vielleicht hat ja auch Bruchhagen gemerkt, dass man durchaus auch mal hohe Ziele formulieren darf, ohne dass man gleich vom Blitz erschlagen wird. Ist natürlich albern, wenn dann, wenn man den nächsten Schritt tun kann, in schöner Regelmäßigkeit von einer Pleite in die nächste stolpert. Die Hinrunden-Auftaktpleite in Freiburg wiederholte sich in der Art in Mainz und Köln. Bei Gegnern also, bei denen man durchaus dreifach Punkten darf, wenn Ansprüche in Richtung Europa gestellt werden, führten binnen weniger Minuten 1:0-Führungen bzw. ein zwischenzeitliches 1:1 in deutliche Niederlage. Statt sich selbst in Richtung oberes Tabellendrittel zu bewegen, findet man sich in der Rolle eines Aufbaugegners wieder. Anhand der kommenden Gegner, bleibt da nicht gerade das beste Gefühl...
Anhand der aktuellen Diskussionen um Investoren und TV-Gelder, der sorgenvollen Zukunft von Bundesligaclubs wie Eintracht Frankfurt, die, wenn es blöd läuft, sich quasi dauerhaft irgendwo hinter Bayern, Dortmund, Wolfsburg, Schalke und bald auch noch Red Bull einordnen müssen, ist es trotzdem ein Fehler, keine Ansprüche zu formulieren. Schon die Waffen voreilig auf einen Haufen zu werfen und zu kapitulieren, ist vermutlich nicht der allerbeste Weg, um für Sponsoren wie Fans attraktiv zu bleiben. Vielleicht ist die Europa League ein Hoffnungsschimmer für Extra-Einnahmen, was Bruchhagens unerwarteten Optimismus-Anfall erklären könnte. Eintrachts Europa-Tour in der vergangenen Saison hat schließlich ein paar Millionen extra auf das Konto gespült. Glück war dabei allerdings auch, dass Stuttgart schon die Qualifikations-Runde nicht überlebte, Freiburg in der Gruppe scheiterte. So partizipierte die Eintracht aus dem Deutschland-Geldtopf etwas mehr als erwartet. Um allerdings in der Europa League richtig Geld zu verdienen, muss man schon sehr weit kommen, am besten ins Halbfinale oder sogar Finale. Wie schwer das ist, zeigte sich nicht nur letztes Jahr, sondern auch dieses Jahr mit dem Ausscheiden in der ersten KO-Runde von Borussia Mönchengladbach, aktuell in der Liga immerhin auf Champions-League-Kurs.
Sprich, selbst um in Europas 2. Liga irgendwie sportliche Duftmarken setzen zu können, benötigt es einen Kader mit Qualität für internationale Ansprüche. So ein Kader ist teuer und stürzt einen selbst halbwegs finanziellen gesunden Club in ein Problem, wenn die sportlichen Erfolge in Europas Stadien ausbleiben. Mit der Europa League lässt sich ein teurer Kader kaum refinanzieren, was im Vergleich mit einer Champions-League-Teilnahme fast problemlos möglich scheint. Der durch den VW-Konzern ermöglichte Schürle-Transfer nach Wolfsburg ist quasi risikolos, wenn der Werksverein in Zukunft regelmäßiger Teilnehmer in Europas höchster Spielklasse wäre. Denn bald reicht schon die alleinige Gruppen-Teilnahme, um 50 Millionen Euro zusätzlich einnehmen zu können, wenn die TV Gelder wie prognostiziert steigen. Die CL ist allerdings eine Spielklasse, die unter normalen Voraussetzungen für einen Club wie Eintracht Frankfurt unerreichbar zu bleiben scheint. Da muss man nicht mal das Zement-Gerede von Bruchhagen verinnerlicht haben, um sich der eigentlichen Aussichtslosigkeit bewusst zu sein.
So müssen andere, nämlich realistischer erreichbare Einnahmequellen gefunden werden. Da ist zum einen das rein Frankfurter Problem bzgl. des Arena-Mietvertrages, der aus Eintracht-Sicht dringend optimiert werden muss, um hier gegenüber Clubs wie Hannover, Hamburg, Stuttgart oder Gladbach nicht länger im Wettbewerbsnachteil zu sein. Zum anderen, und das sehr dringlich, die Verteilung der TV-Gelder durch die DFL. Aktuell ist der Verteilungsschlüssel einzig vom sportlichen Abschneiden abhängig. D.h. der Tabellenplatz entscheidet, wie hoch die Einnahmen aus der ligaweiten TV-Vermarktung ist. Das mag gerecht und daher logisch sein. Doch wie gerecht ist das, wenn Clubs, die sich außerhalb der 50+1-Regelung befinden, durch Gelder, die nicht im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb eingenommen sondern von Konzernen reingepumpt werden, einen sportlichen Vorteil „erkaufen“? Der VfL Wolfsburg hat trotz des in den vergangenen Jahren kumulierten Transferdefizits im dreistelligen Millionenbereich, einen Kader zusammengekauft, der dieses Jahr locker zur Vizemeisterschaft und damit zur direkten Champions-League-Qualifikation reicht. Sollte die 100%-VW-Tochter also am Ende der Saison tatsächlich den Platz hinter Bayern München einnehmen, winken, fast nebenbei, Mehreinnahmen in Millionenhöhe aus dem TV-Topf. TV Gelder, die Clubs, die nicht das „Glück“ haben, von Konzernen oder Milliardären finanziert zu werden, schlicht fehlen.
Dumm nur, dass ausgerechnet diese Clubs die Attraktivität der Liga ausmachen. Ein Spiel Wolfsburg gegen Leverkusen mag von den Spieler-Namen her, die bei den Konzernvereinen unter Vertrag stehen, vielleicht den einen oder anderen Fan begeistern. Den Klang, die Emotionen, die Geschichten, die im Vergleich dazu Duelle wie Köln gegen Frankfurt oder Hamburg gegen Bremen in der Bundesliga ausmachen, erreicht es nicht. Das zeigen auch die Zuschauerzahlen bei Sky, die man als Sympathie-Indikator durchaus verwenden kann. Erreichen Hoffenheim, Leverkusen oder Wolfsburg kaum messbare Zahlen im Bezahlfernsehen bei den Einzelspielen an den Samstagnachmittagen, sieht es bei der Eintracht bspw. ganz anders aus: Eintracht Frankfurt gehört zu den Top 5 bei den Sky-Abonnenten. Das spielt leider bei der TV-Gelder-Verteilung keine Rolle. Doppelte Bestrafung also. Wolfsburg, Leverkusen, Hoffenheim und demnächst Ingolstadt oder Leipzig, können ungehemmt auf dem Transfermarkt einkaufen gehen, sportlich die weniger finanzstarken Clubs überholen und werden dann noch aus dem Solidaritätstopf der Liga belohnt. Gerecht?
Nein, keineswegs. Dieses Bewusstsein scheint sich innerhalb der Bundesliga durchzusetzen – auch aufgrund der Initiative von Eintracht Frankfurt über den Verteilerschlüssel nachzudenken. Die TV-Gelder, so die Idee, sollen in Zukunft nicht nur nach rein sportlichen Kriterien verteilt werden. Zuschauerauslastung bei Heimspielen, Anzahl der Fans bei Auswärtsspielen und Einschaltquoten sollen die Verteilung beeinflussen. Natürlich nicht zur Freude von Wolfsburg und Co., die bei Fanzuspruch allenfalls einen Bruchteil von dem erreichen, was bei Köln, Hamburg, Gladbach oder eben Frankfurt Standard ist. Es kann durchaus sein, dass sich innerhalb der DFL (die Gesellschafter setzen sich auch allen Proficlubs der 1. und 2. Liga zusammen) für eine Reform der TV-Gelder-Verteilung in diese Richtung eine klare Mehrheit findet. Sogar der FC Bayern München hat angeblich Bereitschaft signalisiert ein neues Modell zu unterstützen. Was bei den Bayern letztendlich egal ist, denn die sind und bleiben sowohl sportlich wie auch vom Fanzuspruch / Einschaltquoten der absolute Primus in Deutschland, kann für die Eintracht eine enorm wichtige Verbesserung der Einnahme-Situation für die Zukunft bedeuten.
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