Ausgewählte Interviews
Interview mit Wolfgang Steubing: „Wir müssen halt besser sein!“ |
„Wir müssen halt besser sein!“
Interview mit Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing
von Dirk Chung und Andreas Klünder
Mit Wolfgang Steubing wurde im Juni ein Mann auf den wichtigen Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden gehoben, der schon immer ein echter Eintrachtler war, selbst unter höchstem persönlichem finanziellem Einsatz. Entsprechend passend war es ein Spielberichtsbuch aus den Anfangstagen eines Gründervereins der Eintracht, den er als Dank für seinen Podiumsbesuch im Eintracht-Museum Ende Oktober vor einem Jahr (wir berichteten) überreicht bekam. Es war keine Frage, dass wir uns mit ihm zum Gespräch treffen wollten, um über ihn und seine Vorstellungen zur aktuellen Lage des Klubs persönlich etwas zu erfahren.
(dc/ak) Guten Tag Herr Steubing. Vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen haben. Erzählen Sie uns doch bitte zuerst einmal, wie Ihr Eintracht-spezifischer Background ist, wie Sie zur Eintracht gekommen sind, und wie Sie es bis zum Aufsichtsratsvorsitzenden geschafft haben.Ich war ja bereits bei Rot-Weiss Frankfurt zehn Jahre lang Vorsitzender. Wir waren Hessenligameister und Hessenpokalsieger und in einer Liga mit Offenbach, dem FSV und Aschaffenburg. Die Vereine waren in der Struktur professionell. Wir hatten in dieser Zeit ein Modell, das Job und Fußball miteinander verbunden hat. Dabei hat die Eintracht uns schon geholfen, da Spieler, die es sportlich dort nicht geschafft haben, zu uns gekommen sind. Wir haben ihnen dann Jobs besorgt, und sie haben für uns gespielt.
Da waren sehr gute Fußballer dabei. Sonst wären wir nicht einmal Meister und zweimal Hessen-Pokalsieger geworden.
Wir haben auch in der Jugendarbeit gute Strukturen aufgebaut und hatten mit 17 Nationen bestimmt die internationalste Jugendabteilung. Rödelheim ist ja ein sozialer Brennpunkt. Da kam es schon mal vor, dass die Eltern ihre Kinder vorbei gebracht haben und hofften, dass wir sie sinnvoll beschäftigen.
Dass ich zur Eintracht gekommen bin war ganz selbstverständlich. Man hört ja, dass ich aus Frankfurt stamme. Wir haben in Praunheim gewohnt. Ich, 1949 geboren, und zu meiner Schulzeit hat Alfred Pfaff dort eine Gaststätte betrieben, die „Frankfurter Hof“ hieß, aber nichts mit DEM Frankfurter Hof zu tun hat. Mein Vater war der Dorfpolizist, der die Kneipe, wenn's sein musste, geschlossen hat, und so haben wir uns damals kennen gelernt. Ein Auto war damals ja noch ein großer Luxus, aber Alfred Pfaff hatte damals schon eins, und wenn er an den Riederwald gefahren ist, hat er mich mitgenommen. Es gab damals noch keine Zuschauer beim Training, so wie heute. Das war für mich ideal. Ich konnte da rumtoben, gucken und machen, und so wuchs dann meine Zuneigung zur Eintracht. Es gab für mich gar keinen anderen Verein als die Eintracht.
Die einzige Ausnahme war ein Autogramm von Max Morlock, das meine Großmutter mir besorgt hat. Ich habe das Bild eingerahmt und besitze es heute noch. Und sein Tor von 1954 ist ja auch bis heute unvergessen.
Ich hätte auch gerne wie der damals gespielt. Aber ich bin ja nie über den Straßenfußballer hinaus gekommen. Und wenn man dann schon mit diesem Handicap leben muss, dann muss man halt was anderes mit Fußball machen.
Gert Trinklein war ein Schulfreund von mir, mit dem ich sehr viel unternommen habe. In der Oberprima hatte er ein Angebot von Eintracht Frankfurt, nachdem Uwe Seeler in seinem (Trinkleins) ersten Spiel in Hamburg kein Tor gemacht hat. Naja, und dann bin ich weiter mit dem Fahrrad zur Schule gefahren, und er kam nach drei Monaten mit einem BMW 2002 vorgefahren. Das ist halt der kleine Unterschied.
Wir sind auch heute noch Freunde. Gert Trinklein hat ja auch lange bei Rot-Weiss Frankfurt gespielt. 1982/83, ich war berufstätig, und war mit einigen Freunden und Bekannten der Meinung, wir müssten mal wieder Sport machen. Wir haben uns dann einmal pro Woche auf dem Rot-Weiss-Platz getroffen und Fußball gespielt – und anschließend noch für ein, zwei Bier zusammen gesessen. Irgendwann kam dann mal einer und sagte: „Hör mal zu. Du musst hier doch mal was machen.“ Ich war dann einmal bei einer Versammlung, und als ich da raus kam, war ich der Vorsitzende. Ich habe mich zuerst gefragt, was man da so macht. Aber so nach und nach haben wir uns dann strukturiert. Die Erfahrungen, die ich da gemacht habe, waren gut, denn alles was man bei Rot-Weiss ausgegeben hat, musste man auch wieder reinholen. Das sehe ich immer noch so, und deshalb bin ich da auch sehr sensibel.
Ungewöhnlich für die damaligen Eintracht-Verhältnisse ist auch, dass Sie sich immer möglichst im Hintergrund aufgehalten haben. Sie haben nie großartig das Rampenlicht gesucht. Wir haben Sie zum ersten Mal in der Ohms-Ära wahrgenommen. Es wird auch gemunkelt, dass Sie an der Andy Möller-Rückholaktion beteiligt waren. Ist es richtig, dass damals auch in Ihre private Schatulle gegriffen haben, um Möller aus Dortmund zurück zu holen, oder ist das eine Legende?
Nein nein, das ist schon richtig. Aber das hat eigentlich nichts mit Ohms zu tun gehabt.. Das war eher Hölzenbein, der damalige Manager und Vize-Präsident. Das war damals mein Kontakt, und er war auch dafür prädestiniert diese Gespräche zu führen. Die Eintracht war ja nie so auf Rosen gebettet, dass sie so etwas allein gestemmt hätte – und da haben wir dann etwas geholfen.
Wolfgang „der Scheppe“ Kraus, war ja auch ein Mann von Ihnen?
Der Scheppe war Manager der Eintracht, von dem ja noch jeder weiß, wie er entlassen wurde – nämlich durch das Klofenster. Ich habe ihm danach einen Job bei der Steubing AG angeboten, den er auch sehr gut erledigt hat. Nach etwa zehn Jahren hat er sich dann privat nach Bayern verändert.
Nach Ohms kamen ja dann die dunklen Jahre für die Eintracht – sportlich und wirtschaftlich. Waren Sie da auch noch im Umfeld der Eintracht aktiv? In der Zeit ist Ihr Name ja nicht mehr so oft gefallen. Da ging es ja teilweise drunter und drüber. Stichwort Lizenzierungsverfahren, oder Ausgliederung der AG.
Damals war das Lizenzierungsverfahren ja noch anders als heute. Da musste das Konto in den ersten drei Monaten des neuen Jahres im Haben sein. Ein völliger Irrsinn vom DFB! Das war aber oft ein Problem. Außerdem gab es ja damals noch die Eishockey-Abteilung, die auch immer ein Faktor dafür war, dass der Etat massiv überzogen wurde. Das hat natürlich auch einen großen Einfluss auf die Lizenzierung beim Fußball gehabt. Wir haben da schon ganz schön an den Nägeln gekaut.
Das heißt aber auch, dass Sie auch damals dabei waren?
Ja, ich war dabei! Ich habe die ganzen Zeiten mitgemacht.
Beim Bau des Riederwalds sind Sie ja allein schon dadurch wieder mehr in die Öffentlichkeit getreten, dass die Halle nach Ihnen benannt worden ist. Wie fühlt man sich, wenn so ein Gebäude noch zu Lebzeiten nach Ihnen benannt wird? Das ist ja meistens erst hinterher der Fall.
Mein Gott, wenn man es so will, bin ich ja Hallenwart (lacht). Ich habe dem Senckenberg Museum eine Halle gestiftet. Das war eine sehr gute Investition und Situation für alle Beteiligten, denn ich glaube, die haben seit es die Halle gibt, bis der Campus neu gebaut wurde Millionen an Eintrittsgeldern eingenommen.
Gut, dass da am Riederwald jetzt ein Name dran stehen muss... Soll ich vorher sterben, oder was? Und Erben hätten so was nicht gemacht, und ich mach' das halt. Und es war notwendig! Und wenn ich der Eintracht mit meinem Namen nicht schade, ist es doch gut. Und wenn ich ihr schade, dann sollen sie ihn halt abmachen.
Sie sind ja nun Vorsitzender des Aufsichtsrats. Wie beurteilen Sie die Situation des Aufsichtsrats?
Die Aufsichtsratssituation ist mir natürlich bekannt, da ich schon drei Jahre dort mitgewirkt habe. Das war mir also alles nichts Fremdes. Die Besetzung der Gremien unterliegt ja dem Einfluss der Aktionäre. Es werden drei Leute vom e.V. gestellt, aber den Rest besetzen die Aktionäre. Da sind die Freunde der Eintracht, die BHF-Bank, und wir als Klein-Aktionäre dürfen auch mal den Finger heben. Das haben wir aber bisher nicht großartig gemacht. Ich habe aber, als deutlich wurde, dass die Aktionäre was anderes wollen als Bender, auch gesagt: 'Ich mache das nur mit der vollsten Unterstützung von allen.' Ich habe mich und meine Ideen bei den Aktionären vorgestellt, und dann haben sie mir signalisiert, dass sie mich alle unterstützen. Und dann habe ich es gemacht.
Was ist denn die genaue Aufgabe des Aufsichtsrats?
Die Aufgaben des Aufsichtsrats sind ja genau durch das Aktiengesetz definiert. Wir überwachen und kontrollieren den Vorstand. Das ist auf den Punkt gebracht unsere Aufgabe. Wie man das gestaltet, ob man das aktiv macht, oder die Sachen nur abhakt, das hängt von der Zusammenarbeit mit dem Vorstand ab. Ich kann nur sagen, dass wir mit dem Vorstand sehr gut zusammen arbeiten. Ich bin auch sehr froh darüber, dass Oliver Frankenbach die Finanzen übernommen hat, denn das hat er schon immer gemacht. Und nach meiner Erfahrung kann ich sagen, den kann man zu jeder Tag- und Nachtzeit anrufen, der weiß von was er spricht. Und das lässt mich ruhig schlafen.
Wenn wir nun schon mal beim Thema Vorstand sind, bleibt uns ein Punkt nicht erspart: Der Sommer 2016...
Ja gut. Als Aufsichtsrat sind wir natürlich auch verantwortlich, die Vorstandsmitglieder zu benennen. Wir haben ja klar und deutlich gesagt, dass wir mit Heribert Bruchhagen sehr gut zusammen arbeiten. Er hat maßgebliche Verdienste für den Verein. Das wollen wir nicht beschädigen. Warum auch?
Also: Wenn es so kommt, dass der Herri bis zum letzten Tag hier seinen Job macht, und wir ihn dann mit großem Getöse verabschieden, wie dann inzwischen Gespräche geführt werden und wie wir das lösen, das kann ich Ihnen hier jetzt nicht verraten, weil es selbst meine Gremienmitglieder noch nicht wissen, und – ich muss es Ihnen ganz offen sagen – ich mir auch noch nicht klar bin. Das geht erst in den Hauptausschuss und wird dort beredet. Dann wird der Kreis etwas verbreitert, bis man dann die Gesamtkonstellation des Aufsichtsrats erreicht. Und das ist noch nicht so weit. Warum sollen wir jetzt irgendjemanden da hin setzen, und den Herri und seine Arbeit beschädigen, die er doch hervorragend macht?
Nun war ja die Rede davon, dass Herr Bruchhagen seinen Nachfolger einarbeiten …
Warum muss man denn jemanden einarbeiten, wenn er gut ist? Entweder er kann's, oder er kann's nicht. Dann muss er sich halt eventuell vier Wochen mit den Modalitäten bei Eintracht Frankfurt vertraut machen, aber ansonsten müsste er wissen, was er macht.
Ich sehe ja auch die Fangemeinde. Ich bin doch selbst im Block G groß geworden, den es ja nicht mehr gibt. Ich war im 38er und im 40er Block. Ich kenne die Situation. Und ich weiß, dass die sich natürlich auch dafür interessieren, wer hier was macht. Ich bin auch froh, dass ich im kleinen Kreis so einige Gespräche führen kann, in denen ich die Jungs auch ein bisschen von falschen Meinungen abbringen kann, indem ich sie in Kenntnis darüber setzen kann, was da eigentlich so gespielt wird. Dann ändert sich auch manchmal das Bild.
Aber im Moment ist es absolut zu früh, darüber zu spekulieren. Das ist noch kein Thema.
Aber es gibt doch sicher ein Anforderungsprofil oder einen erweiterten Personenkreis, über den man nachdenkt?
Ach was, man denkt... Man denkt manchmal den ganzen Tag. Manchmal vergesse ich sogar einige Namen wieder. (lacht)
Wir machen uns Gedanken.
Es wurde ja immer wieder spekuliert, dass Armin Veh ein möglicher Kandidat wäre. Das würde sich aber damit beißen, dass sein Vertrag als Trainer eine längere Laufzeit hat. Kann man das – abgesehen von der Floskel, dass man beim Fußball nichts ausschließen kann – ausschließen?
Richtig! Sie haben sich die Antwort ja selbst gegeben. Im Fußball etwas auszuschließen wäre eine Idiotie. Aber ich bin der Meinung, dass wir Armin Veh als Trainer haben, und er hat einen Vertrag. Es stehen hier also nicht irgendwelche komischen Ideen im Raum.
Er kam also nicht, um dann den Vorstandsposten zu übernehmen?
Dann hätte er es ja gleich gemacht.
Ja, aber Bruchhagens Vertrag läuft ja noch ein Jahr.
Dann hätten wir Herri gesagt 'Jetzt haben wir einen'. Der Herri hat gesagt, er hält den Armin Veh für einen geeigneten Kandidaten. Jetzt bestimmt er das nicht, aber man muss ja auch nicht etwas gegen eine wichtige Meinung im Verein machen. Aber ich glaube, wenn er das gewollt hätte, hätte man mit Herri reden können, dass die das wirklich gemeinsam machen könnten. Aber das war nicht der Fall.
Ein anderes großes Thema ist natürlich auch die wirtschaftliche Situation – die Zukunft der Liga. Wir haben den TV-Vertrag in England. Wir haben die Klubs, die außerhalb des wirtschaftlichen Wettbewerbs an der Liga teilnehmen. Von Seiten der Eintracht hört man immer wieder, dass aus dem Stadion nicht mehr viele weitere Erträge generiert werden können. Die Logen sind fast alle verkauft, wir haben einen Zuschauerschnitt von 47.000. Wir sind also fast am Limit. Feinjustierung bei der Verteilung der TV-Gelder nicht nach Tabellenplatz, sondern nach Zuschauerzuspruch? Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit bei der Stadionmiete und – jetzt vor kurzem aufgekommen – die Idee einer Kapazitätserweiterung des Stadions?
Wir sind in der Situation, dass wir einen Betreibervertrag mit der Stadt Frankfurt haben, der erst 2020 ausläuft. Sich darüber vorher zu unterhalten, um evtl. andere Modalitäten darein zu schreiben, geht nur seitens der Stadt.
Als der Vertrag 2005 abgeschlossen wurde, war die Eintracht wirtschaftlich, aber auch von der Seriosität her, als Partner nicht in der Lage, das zu stemmen. Daher hatte damals Achim Vandreike, Bürgermeister der Stadt Frankfurt und Mitglied des Aufsichtsrates bei der Eintracht, diesen Vertrag so gestaltet, den Eintracht dann unterschrieben hat. Darüber hinaus musste eine Betreibergesellschaft gegründet werden, denn sonst wäre die Eintracht fort gewesen, weil wir nicht in der Lage waren, den wirtschaftlichen Part bei einem solchen Stadionprojekt zu erfüllen… In Verantwortung zur Stadt, und damit auch zum Steuerzahler, war Vandreike verpflichtet ein entsprechendes Vertrags-Modell zu finden. Das hat er gemacht.
Wenn man da was kritisieren will, kann man vielleicht sagen, dass das Optionsrecht auf Kündigung versäumt wurde, in den Vertrag zu schreiben. Wir waren aber damals sehr froh, überhaupt so einen Vertrag zu bekommen.
Auf der anderen Seite wollte die Stadt Frankfurt, als Sitz des DFB, unbedingt WM-Ausrichtungsort 2006 mit einer vorzeigbaren Arena sein. Denn wenn das so stimmt, dass die Eintracht nicht mal aus dem Catering nur einen müden Cent sieht, obwohl jeder weiß, dass das Catering fast einzig durch die Heimspiele der Eintracht entsprechende Umsätze generiert – bei den Zeugen Jehovas wird vermutlich nicht viel Bier verkauft – hat sich da die Eintracht nicht unter Wert verkauft? Die Stadt wäre doch kaum auf die Idee gekommen als Austragungsort zurückzuziehen, weil Eintracht Frankfurt den Vertrag in dieser Form nicht unterschrieben hätte?
Also, da gilt das Wort: „ wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man meistens schlauer“. Das aus der heutigen Sicht zu diskutieren, ist natürlich einfacher. Da gebe ich Ihnen inhaltlich vollkommen Recht. In der damaligen Situation waren wir aber als Eintracht Frankfurt mehr als bieder. Wir hatten damals einfach mehr als schlecht gewirtschaftet. Daher waren wir auch in den Vertragsverhandlungen in keiner guten Situation.
Man muss aber auch sagen, dass damals keiner die Entwicklung, die wir heute haben, gesehen hat, dass bspw. das Catering so nach oben schießt.
Natürlich hatten wir damals auch im Kopf, einen anderen Standort notfalls zu diskutieren. Z.B. dass wir nach Eschborn gehen. Aber das ist doch unrealistisch. Hier ist die Heimat, und das ist für die Eintracht und die Fans doch wichtig.
Damals war auch – wichtiger als die Stadionfrage – das große Ziel die Konsolidierung der Eintracht. Einfach mal irgendwann ohne Schulden durchzuatmen und wieder einen seriösen Namen zu haben. Das war damals auch die Mitverantwortlichkeit von Heribert Bruchhagen und ist heute mit sein größter Verdienst.
Jetzt haben wir natürlich die Situation, dass fünf oder sechs Vereine „extern“ gesponsert werden – man muss Schalke 04 auch dazu zählen, denn wenn Tönnies nicht mehr schlachtet, haben die auch ihre Probleme – was die Liga völlig verändert hat. Das hat so niemand gesehen. Wir müssen jetzt mit dieser Situation so umgehen, dass unsere sportlichen Verantwortlichen die Augen offen haben für Spieler, die entwicklungsfähig sind. Dafür gibt es verschiedene Finanzierungsmodelle und dafür – das habe ich immer gesagt – müssen wir auch ins Risiko gehen, weil wir natürlich Durchgangstation für junge Spieler sind. Das ist so und das wird immer so sein, bis wir uns vielleicht mal von einigen Dingen befreit haben.
Eine andere Sache: wenn Sie heute lesen, dass Mainz 05 250 Millionen für Vermarktungsrechte für die nächsten zehn Jahr bekommt, dann muss man bedenken, dass die damit auch die Rechte nicht mehr haben. Diese haben wir aber. Da können wir vielleicht auch etwas mehr kriegen. Das machen wir aber nicht. Wir wollen erstmal versuchen, aus eigener Kraft die Quellen zu schöpfen, die uns zur Verfügung stehen, um dann zu sagen, wir können da trotzdem mithalten. Wir haben einen 40 Millionen Etat für die Lizenzspieler. Das ist gar nicht so schlecht. Das waren noch bis vor drei, vier Jahren 30 Mio. Da ist schon was passiert.
Wir brauchen natürlich dann auch so Transfers wie dieses Jahr Trapp.
Das heißt, das angedachte Genussscheinmodell, dient dazu, Spieler mit hohen Gehältern halten zu können, nicht mehr mit geringen Ausstiegsklauseln?
Also das ist ein Risikopuffer. Es gibt ja auch noch viele andere Dinge, die angegangen werden müssen. Die Geschäftsstelle platzt gerade aus allen Nähten. Das ist auch ein Thema. Deshalb kamen wir auf die Idee Geld zu akquirieren, das wir zurückzahlen können. Also in einer überschaubaren Größe. Bekannt ist ja 10 Millionen, wenn es mehr werden ist auch okay. Das macht uns handlungsfähiger. Aber die Bewertung des Finanzamtes, hinsichtlich der Abzugsfähigkeit, steht noch aus. Und wir wollen natürlich nicht die Seriosität des Vereins mit irgendwelchen Projekten aufs Spiel setzen.
Zurück zum Thema – wir brauchen ein gutes Händchen für Talente. Wäre denn dafür nicht die U23 geeignet gewesen, die letztes Jahr aber aufgelöst wurde?
Also ich war gegen die Auflösung. Ich wurde aber von allen Protagonisten, die dabei waren, überzeugt, dass es bei uns statistisch gesehen keiner mehr packt, der es nicht spätestens mit 19 Jahren gepackt hat.
Ich bin zwar so eingestellt, dass ich auch jungen Leuten eine Chance gebe, die sich vielleicht erst später entwickeln, aber mit Stendera, Kittel und Jung haben wir natürlich die typischen Spieler gehabt, die schon ganz jung ihre Qualitäten hatten. Bei denen hätte die U23 eventuell nicht viel Sinn gehabt. Okay.
Wäre es aber für Perspektivspieler nicht besser, Leitwolf bei der U23 zu sein, als Kofferträger oder Hütchenaufsteller bei den Profis?
Ja, das sehe ich eigentlich auch so. Aber mit Alex Schur haben wir einen Mann, der die Verbindung zu den Profis herstellt, die sportliche Leitung auf dem Laufenden hält. Das ist vielleicht nicht immer optimal. Aber es wurde nun mal so entschieden.
Leider kommt auch noch hinzu, dass viele junge Spieler zu Klubs wie Wolfsburg gehen. Wegen deren Leistungszentrum? Wegen deren Qualität? Wir sind, glaube ich, bei den Leistungszentren die Nummer drei oder vier in Deutschland. Das heißt schon was! Also kann man nicht unbedingt sagen, dass einer von Frankfurt nach Wolfsburg geht, weil die eine so viel bessere Nachwuchsarbeit haben.
Nein, die Eltern bekommen einen Job. Die Jungs sind auch bei drei oder viertausend Euro dabei. Da kann Eintracht Frankfurt nicht mithalten.
Da sind wir wieder beim Thema Wettbewerbsfähigkeit, wenn selbst im Jungendbereich Konstrukte wie Red Bull alles abgrasen. Ist das nicht bitter für Eintracht Frankfurt?
Ja, für einen Eintrachtler ist diese Erkenntnis bitter. Das ist nicht unbedingt ermutigend. Aber wir müssen uns dem ja stellen. Wir können ja nicht sagen wir machen jetzt nichts mehr. Wir müssen versuchen, mitzuhalten. Auch durch besondere Leistungen im Transferbereich. Das auch noch bis 2020, bis wir dann vielleicht einen neuen und wirtschaftlich besseren Stadionvertrag haben.
Ziel der Eintracht in den kommenden Jahren ist ja, an der Europa League zu kratzen. Denn wenn wir das richtig verstanden haben, beschert uns unser letztes Europacup-Abenteuer immer noch 2 Millionen zusätzlich pro Jahr?
Es ist viel mehr. Wir kriegen jetzt über fünf Jahre 2,5 Millionen als Basis.
Dafür dass wir nur das eine Mal dabei waren?
Ja. Fünf Jahre. Und dazu noch eine variable Vergütung, die momentan bei glaube ich 2,7 Millionen liegt. Also zusammen 5,2 Millionen diese Saison. Daran sehen Sie, wie wichtig eine solche Europacup-Teilnahme ist.
Sie werden auch sehen, dass in Zukunft die Erhöhung der TV-Gelder hauptsächlich aus den internationalen Wettbewerben, zumindest der internationalen Vermarktung kommt.
Der Herr Seifert (Geschäftsführer DFL) hat das auch letztens bei einem Vortrag hier bei einer FAZ-Veranstaltung hervorgehoben, wie wichtig und wie groß auch das Potential der Auslandsvermarktung für die Clubs aus der Bundesliga ist.
Daher ist es wichtig, dass sich die Eintracht auch in Zukunft international präsentieren kann.
Kommen unserem neuen Finanzvorstand Oliver Frankenbach nicht die Tränen, wenn er sieht, wie wir strampeln müssen, Mannschaft und Trainer, um vielleicht mal Siebter zu werden, während Wolfsburg mal eben Spieler für 30 Millionen holt (vor der VW-Krise)?
Na gut, die fahren nach Chelsea, holen einen Spieler für 30 Millionen und der sitzt dann auf der Bank. Wir müssen einen holen, der 300.000 kostet, und dann für 10 Millionen verkaufen. Das ist unsere Aufgabe.
Ist das nicht der Plan auch von weiteren 13-14 Bundesligaclubs?
Na ja, ich nehme an, dass wir schon ein bisschen über Paderborn stehen. Augsburg hat sich auch wieder normalisiert. Wenn allerdings Ingolstadt will…
Wir meinten auch eher die Range wie Hannover, Köln oder (mittlerweile) Stuttgart. Die doch dieselbe Aufgabe haben, Spieler günstig zu bekommen und dann möglichst teuer weiter zu transferieren.
Ja klar. Wir müssen halt besser sein!
zurück