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Interview mit Stefan Ungänz, Leiter der Fan- und Förderabteilung

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Spürbarer Einfluss

Interview mit Stefan Ungänz, Abteilungsleiter der FuFA

Von Dirk Chung

(dc) Anfang des Jahres kam es innerhalb des Vereins und der Fan- und Förderabteilung zu personellen Wechseln: Stefan Minden, der seit 2007 die Fan- und Förderabteilung geleitet hatte, wurde neuer Vizepräsident des e.V. Den dadurch frei gewordenen Posten als Abteilungsleiter übernahm Stefan Ungänz, der schon seit 2007 dem Abteilungsvorstand angehörte. Vor dem Spiel gegen Hannover trafen wir uns im Eintracht Frankfurt Museum mit dem neuen FuFA-Abteilungsleiter und sprachen über die Bedeutung der Fan- und Förderabteilung bei Eintracht Frankfurt.

Hallo Stefan, und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Wie bist Du überhaupt zur Eintracht gekommen, bzw. wie lange gehst Du schon zur Eintracht?

Na ja, im Grunde ist das die „klassische“ Fankarriere meiner Generation: Schon mein Vater war ein „Ur-Eintrachtler“, irgendwann hat er mich als Kind ins Stadion mitgenommen. Zuerst habe ich mit meinem Vater auf der Haupttribüne gesessen und bin dann als Jugendlicher mit meinen Kumpels in den G-Block gewechselt, stand dann noch eine Weile im K- oder im L-Block und zog später auf die Gegengerade, wo ich bis heute geblieben bin.

 

Und wie bist Du zur Fan- und Förderabteilung gekommen und dazu, dort ein Amt zu übernehmen?

Den entscheidenden Schub gab der vorübergehende Lizenzentzug im Sommer 2002. Ich hatte schon länger gedacht, dass ich eigentlich Eintracht-Mitglied werden sollte, es aber irgendwie nie gemacht. Als dann die Nachricht vom Lizenzentzug kam, dachte ich, gerade jetzt wäre es das richtige Zeichen, und habe meinen Mitgliedsantrag ausgefüllt.

Ich habe dann auch mehrere Veranstaltungen der FuFA besucht, bin mit der FuFA auswärts gefahren, habe mittwochs beim Hallenkick der FuFA mitgespielt. So habe ich auch Stefan Minden kennen gelernt. Als dieser dann nach dem Rücktritt des Abteilungsvorstands um Guido Derckum neuer Abteilungsleiter werden sollte, hat er mich gefragt, ob ich im neuen Abteilungsvorstand mitarbeiten möchte.

 

Ihr hattet damals ja keinen ganz einfachen Start, weil dem Rücktritt von Guido wohl ziemlich viele interne Querelen vorausgingen und es auch bei den Finanzen nicht so ganz rund lief…

Der Start war wirklich nicht ganz leicht. Wir hatten uns aber schnell darauf verständigt, dass wir lieber in die Zukunft schauen, als uns in Auseinandersetzungen der Vergangenheit aufzureiben. Dem Bedürfnis der Mitglieder nach einer Aufklärung der Vorgänge unter dem alten Vorstand haben wir mit einer Kommission aus Mitgliedern Rechnung getragen, die darüber einen Revisionsbericht erstellten, den wir veröffentlicht und allen Mitgliedern zugänglich gemacht haben.

 

Was heißt das konkret, dass Ihr lieber „in die Zukunft schauen“ wolltet?

Es war klar, dass wir die Abteilung weiter entwickeln und weiterhin einen möglichst großen Mitgliederzuwachs verzeichnen wollten. Eine unserer ersten ganz wichtigen Entscheidungen war die Gründung des „Junior Adler Kids Clubs“ – eine Sache, die uns sehr am Herzen lag. Denn die Bindung des Nachwuchses an die Eintracht sehen wir als originäre Aufgabe des Vereins. Bei anderen Bundesligisten sind die Kids Clubs oft bei der Profi-Kapitalgesellschaft angegliedert. Wir denken aber, dass der gemeinnützige Verein der bessere Ort ist, um den Kindern auch die Authentizität von Fankultur zu vermitteln. Bei den Kapitalgesellschaften besteht immer die Gefahr, dass Veranstaltungen des Kids-Clubs eine Plattform für Sponsoren oder gar Bestandteil von Sponsorenverträgen wird. Wir gehen lieber mit unseren Kids zum Fahnenmalen ins Fanprojekt, als sie mit Klatschpappen mit Sponsorenlogo auszustatten…

Oder, anderes Beispiel: Kurz nachdem wir den Abteilungsvorstand bildeten, wurde ja das Museum eröffnet, für dessen Gründung die Abteilung und insbesondere Guido Derckum jahrelang gekämpft hatten. Für uns war klar, dass darin nicht nur die Dauerausstellung Platz finden, sondern auch Traditionspflege gelebt werden soll. So haben wir die Veranstaltungsreihe „Tradition zum Anfassen“ ins Leben gerufen und mit Matze Thoma zusammen umgesetzt.

Als der kostenlose Versand der Stadionzeitung an Mitglieder eingestellt wurde, haben wir mit der „Diva vom Main“ einen – wie ich glaube – attraktiven, Ersatz geschaffen. Ich denke, man kann dieser Zeitung anmerken, dass die Autoren fast ausnahmslos echte Herzblut-Eintrachtler sind.

 

Wieviele Mitglieder hat die FuFA denn jetzt aktuell? Und warum haltet Ihr eine hohe Mitgliederzahl für wichtig?

Aktuell sind es etwa 14.300 Mitglieder der FuFA, das sind weit mehr als die Hälfte aller Vereinsmitglieder. Wir halten es für enorm wichtig, dass es in dem Gesamtkonstrukt Eintracht Frankfurt eine starke Organisierung der Fans gibt.

Man kann sich das ja mal vergleichsweise bei anderen Vereinen ansehen, bei denen es diesen Organisierungsgrad nicht gibt, und wie es dann dort um die Fanbelange steht. Nehmen wir als Beispiel unseren heutigen Gegner, Hannover 96. Da führt Martin Kind einen regelrechten Kampf gegen die eigene Fanszene, verteilt Stadionverbote für die Haarmann-Fahne oder „Pogatetz, Du Arschloch“-Rufe, oder organisiert die Auswärtsfahrt zum Derby nach Braunschweig mit Zwangsbussen und einer Verlosung, bei der – welch Zufall – ein Großteil der dortigen aktiven Fanszene keine Karten bekommt. Oder Bayern München, bei denen Fans keine Organisation mit Einfluss haben und deren Fanszene entsprechend behandelt wird.

Demgegenüber kann man bei uns wohl getrost feststellen, dass Fankultur und Fanszene bei Eintracht Frankfurt einen ganz anderen Stand haben. Ich bin mir absolut sicher, dass es dieses Selbstverständnis, das wir als Fans von Eintracht Frankfurt haben können, als geiler Verein mit einer geilen Fanszene, ohne eine Fan und Förderabteilung so nicht gäbe. Wir haben eine sehr Fan-affine Vereinsführung, die Fan-Belange gerne unterstützt. Das erlebst Du doch auch am eigenen Leib, schließlich hat man bei Einführung von Eintracht-TV Andy Klünder und Dich – also bekannte Leute aus der Fanszene – für die Mitarbeit gewonnen. Auch bei den Genehmigungen von Choreos wird hier vieles sehr wohlwollend gehandhabt. Wir haben hier relativ wenig Kommerz, es gibt keine Klatschpappen, und hier läuft auch keine Plüschfigur als Maskottchen durch das Stadion. Auch nach dem Spiel lässt man die Fans erst mal mit der Mannschaft feiern. Da muss nicht gleich die Musik aus dem Lautsprecher kommen. Das sind zwar alles vielleicht nur Kleinigkeiten, aber wir können trotzdem Stolz drauf sein, dass hier noch eine gewisse Fan-Kultur gelebt wird.

 

Ebenso bemerkenswert und bedeutsam ist, dass Eintracht Frankfurt bspw. bei der ganzen Auseinandersetzung um „12:12“ im letzten Jahr eine hervorragende Rolle gespielt hat. Es gab äußerst offene und ehrliche Diskussionen hierzu im Fanbeirat, und alle unsere Bedenken und Anregungen flossen in die offizielle Stellungnahme der AG ein. Man kann auch ohne Übertreibung feststellen, dass Eintracht Frankfurt innerhalb der DFL eine Vorreiterrolle gespielt und ganz entscheidend und wesentlich dazu beigetragen hat, dass das ursprüngliche Papier deutlich entschärft wurde.

Ich denke, das alles zeigt, welchen Stellenwert sich Fankultur und Fanszene bei Eintracht Frankfurt erarbeitet haben. Es wäre naiv zu glauben, dass das alles vom Himmel gefallen wäre. Um noch mal auf die Anfangsfrage zurück zu kommen, warum wir eine hohe Mitgliederzahl für wichtig halten: Wir sehen eine mitgliederstarke FuFA als Garant dafür, dass das, was wir unter Fan-Kultur verstehen, seinen Platz bei Eintracht Frankfurt hat und behält. Wer weiß, ob wir ohne eine Fan- und Förderabteilung nicht schon längst Münchner oder Hannoveraner Verhältnisse hätten?

Mit über 50 Prozent der Mitglieder hat die FuFA also schon einiges innerhalb des Gesamtvereins zu melden. Wie sehen denn das die anderen Abteilungen. Sind die Euch gegenüber nicht sehr skeptisch?

In den Zeiten der Gründung der FuFA gab es da ziemliche Bedenken. Fans wurden ja im Allgemeinen erst mal als grölende, Bier saufende und nur an Fußball interessierte Chaoten und Proleten wahrgenommen. Da hatten sicher einige Nicht-Fußballer die Befürchtung „Oh Gott, wenn die hier erst mal an der Macht sind, haben wir bestimmt bald kein Geld mehr!“

Aber das hat sich nach jetzt gut 14 Jahren gelegt. Auch die anderen Abteilungen haben schon mitbekommen, dass die FuFA dem Verein insgesamt gut tut. Wir bringen ja durch die hohen Mitgliederzahlen und die dadurch eingehenden Beiträge auch eine Menge Geld mit, was auch den sporttreibenden Abteilungen zugute kommt. Der neue Riederwald, so wie er jetzt da steht, wäre ohne eine Fan- und Förderabteilung überhaupt nicht möglich gewesen. Allein durch den „Riederwald-Euro“, der jahrelang abgeführt wurde, kamen gut 500.000,- Euro aus der Mitgliedschaft der FuFA zusammen. Und man kann sich wohl durchaus auch fragen, ob irgendeine Bank einem Verein mit 4.000 Mitgliedern einen Bau für 12 Millionen Euro finanzieren würde. So was geht normalerweise nur über Masse – auch bei den Mitgliederzahlen. Wir sind inzwischen Hessens größter Verein.

Gibt es Projekte, die Ihr in Zukunft angehen wollt, bzw. kannst Du uns schon mal einen Ausblick geben, was wir noch von der FuFA erwarten können?

Naja, was heißt neue Projekte? Für uns stehen immer die Fan-Interessen im Vordergrund. Wir wissen alle, dass es auch innerhalb der Bundesliga Tendenzen gibt, die Kommerzialisierung voranzutreiben und damit gleichzeitig die Situation für die Fans, die ins Stadion gehen, zu verschlechtern. Ein Stehplatzbesucher generiert z.B. in der Regel nicht die Einnahmen, die man sich gemeinhin in der Bundesliga wünscht. Außerdem machen gewisse Fan-Gruppierungen auch das ganze Merchandising nicht mit, wie ein Sitzplatzbesucher, der vor und nach dem Spiel auch gerne mal im Fan-Shop einkauft.

Außerdem haben wir die anhaltende Sicherheitsdiskussion. Viele Vorschläge in diesem Zusammenhang bedrohen insbesondere die Kultur der Auswärtsfahrten. Einigen großen Vereinen, die ihre Stadien sowieso immer voll haben, sind die Auswärtsfans grundsätzlich ein Dorn im Auge. Die machen sowieso nur Arbeit, und da wird dann schon mal angefragt, ob es denn wirklich notwendig ist, dass dem Gastverein 10 Prozent der verfügbaren Karten zur Verfügung gestellt werden müssen. Oder man möchte die Anreise der Fans reglementieren, siehe das oben schon erwähnte Beispiel von Braunschweig gegen Hannover.

Da ist es dann wichtig, dass eine Fan- und Förderabteilung da ist, die sich – natürlich zusammen mit den Fanabteilungen der anderen Vereine – dagegen wehrt. Das ist unter anderem eine Aufgabe des Fan-Verbands „Unsere Kurve“, zu dem sich mehrere Fanabteilungen und vergleichbare Fanorganisationen zusammengeschlossen haben.

Von „Unsere Kurve“ habe ich auch schon mal gehört. Aber so richtig sind mir jetzt keine Aktionen oder Aktivitäten von denen bekannt. Da stellt sich mir die Frage: Was machen die eigentlich?

Die sind schon sehr bemüht, haben aber natürlich dasselbe Problem wie die anderen bundesweiten Fanorganisationen. Ein Hauptanliegen ist es, in Kontakt und Diskussionen mit den Verbänden, also DFB und DFL zu bleiben, und dort die Faninteressen zu vertreten. Allerdings können sich viele daran Beteiligte des Eindrucks nicht erwehren, dass dort gar kein echter Dialog gewünscht wird. So muss man sich auch mit den anderen Organisationen, wie BAFF oder ProFans, häufig abstimmen, ob man überhaupt noch an den Diskussionsrunden teilnehmen will.

 

Gleichwohl hat „Unsere Kurve“ schon einiges angestoßen und erreicht, so insbesondere bei der ersten Stadionverbotsreform 2007 oder die Übergabe von rund 200.000 Unterschriften zum Erhalt von 50+1 kurz vor der Abstimmung in der DFL.

Sind alle Bundesligisten in „Unsere Kurve“ vertreten?

Nein. Voraussetzung der Mitgliedschaft ist, dass im Verein eine Fanabteilung vorhanden sein muss, bzw. dass die Organisation „irgendwie“ in die Fanarbeit des jeweiligen Vereins integriert ist, wie das z.B. bei Schalke 04 mit dem Schalker Fanclub-Dachverband der Fall ist.

Es gibt zwar sogar Vertreter aus der 3. Liga wie Osnabrück, aber aus der Bundesliga fehlen z.B. Hoffenheim, Wolfsburg und Leverkusen. Aber das ist ja nur logisch, denn ein Hauptthema ist beispielsweise 50+1 und da ist von den genannten Clubs nicht viel zu erwarten.

Außerdem hat Leverkusen ja auch eine Fan-Freundschaft mit einer seltsamen Gruppierung östlich des Kaiserleikreisels. Das wäre aus meiner Sicht schon ein Ausschlusskriterium.

Das ist doch ein wunderbares Schlusswort! Danke, dass Du Dir die Zeit für uns genommen hast.

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