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Interview mit Reiner Schäfer: Eigentlich sollten die Mitglieder erfahren, wie es um den eigenen Verein steht |
- Interview mit einleitendem Rückblick und anschließendem Kommentar -
Der (eigentliche) Kandidat der Fans: Reiner Schäfer
(jh) „Schock!!! Reiner Schäfer hört auf“ titelte die Fanzeitung „Fan geht vor“ in ihrer Ausgabe vom September 1992. Es war bekannt geworden, dass der damalige Geschäftsführer seinen zum Jahresende auslaufenden Vertrag nicht mehr verlängern wollte. „Als hauptsächlichen Grund hierfür gab er an, für eine effektive Arbeit als Geschäftsführer nicht mit ausreichenden Kompetenzen ausgestattet zu sein“, hieß es seinerzeit in „Fan geht vor“. In einem von der gesamten Redaktion (der der damalige Fansprecher Anjo Scheel und sein Nachfolger Andreas Hornung angehörten) unterzeichneten Beitrag hieß es: „Wir von der Redaktion haben den Eindruck, dass den Fans (Euch) die Tragweite dieser Entwicklung gar nicht so richtig bewusst ist, weil die Arbeit von Reiner Schäfer nach außen hin nicht sehr spektakulär war. Was die Arbeit von Reiner Schäfer hingegen auszeichnet, ist Ausdauer, Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit gegenüber den Fans.“
Weiter schrieb die Redaktion: „Die Frage die sich hier stellt ist folgende: Wollen wir einen Geschäftsführer, der auf Publicity aus ist, oder wollen wir einen Geschäftsführer, der die Belange der Fans und uns selbst ernst nimmt, der die Wichtigkeit von Fanarbeit bei einem Verein wie Eintracht Frankfurt erkannt hat und von daher die Fanarbeit nicht als notwendiges Übel, sondern als einen sehr wichtigen Bestandteil seiner Aufgaben gesehen hat?
Es ist fraglich, ob es bei der SGE schon mal einen für Fanbelange besseren Ansprechpartner gegeben hat.“ Im weiteren Verlauf des Textes stellte die Redaktion, wie sehr sich Schäfer – im Gegensatz zu allen Vorgängern und anderen Funktionsträgern“ als Erster überhaupt für die Eintracht im Kontakt mit städtischen Stellen, Sportverbänden und auch rund um das Thema Stadionneubau engagierte. Nach dem Meisterschaftsaus in Rostock flog er nicht mit der Mannschaft zurück nach Frankfurt – er fuhr mit den niedergeschlagenen Fans acht Stunden lang im Zug zurück.
Die Fanszene reagierte betroffen. „Was dieser Mann geleistet hat, war noch nie da. Ich habe mittlerweile viele Geschäftsführer und Betreuer erlebt, aber Herr Schäfer verkörpert alles, was dazu gehört“, schrieb beispielsweise Peter Schulz vom EFC Bieber an die Redaktion.
„Die Fans schätzen insbesondere die Offenheit und Menschlichkeit, mit der Reiner Schäfer auf uns Fans zugegangen ist“ erklärte Fansprecher Anjo Scheel.
22 Jahre später ist dieser einstige Hoffnungsträger der Fanszene, der gegen Peter Fischer um das Amt des Präsidenten konkurriert, eher wenigen Fans bekannt und alleine durch diese Unkenntnis schon nicht mehr als Kandidat der Fans gesetzt. Zum Zeitpunkt des Erscheinens unserer letzten Ausgabe hatte sich der heute 70-jährige Reiner Schäfer noch nicht öffentlich geäußert, wie er sich vom gegenwärtigen Amtsträger abhebt, mit welchem bisherigen Weg der Eintracht er nicht einverstanden ist und was er zukünftig anders machen will. Bis dahin hatten sich eher seine Gegner postiert, die ihn zehn Jahre älter machten. Auch weitere Irritationen waren festzustellen. Es wurde höchste Zeit, Reiner Schäfer, dem ersten Herausforderer auf ein Präsidentenamt bei der
Eintracht seit den 1980er Jahren, die Möglichkeit zum Gespräch zu geben und sich vorzustellen. Dies war der Redaktion aber auch ein Anliegen, nachdem es in unserer letzten Ausgabe so aussah, als wäre er „massiv angegriffen“ worden, was eigentlich nicht im Sinne unserer ausgewogenen Berichterstattung ist und weshalb er daher die Chance verdient hatte, bei uns selbst zu Wort zu kommen. Da die neue Ausgabe erst nach der Wahl der am 25. Januar stattfindenden Jahreshauptversammlung in den Stadionverkauf gelangt, wird das Interview mit Reiner Schäfer bereits vorzeitig online veröffentlicht.
Interview mit dem Bewerber um das Präsidentenamt
Von Jörg Heinisch (jh) und Andreas Klünder (ak)
Herr Schäfer, wie kam es zur Kandidatur? Was ist der Grund, dass Sie Präsident von Eintracht Frankfurt werden wollen?
Der Auslöser war, dass Herr Fischer im Sommer erklärt hat, dass er darüber nachdenkt, nicht mehr zu kandidieren. Vor dem Hintergrund der Lage des Vereins, insbesondere der wirtschaftlichen Lage – ich spreche dabei nur vom e.V. – war es erkennbar, dass man sich rechtzeitig um einen Nachfolger kümmern musste, sollte der Fall des Verzichts eintreten. In diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund, dass sich die Kandidaten nicht wie Sand am Meer drängeln würden, bin ich gefragt worden. Durch meine Geschäftsführertätigkeit in den Jahren 1991 und 1992 bin ich ja noch vielen Mitgliedern bekannt. Ich habe dann meine Bereitschaft erklärt, mich dem Nominierungsausschuss zu stellen. Danach sehen wir weiter.
Können und wollen Sie schon sagen, wer im Team ist?
Das ist inzwischen bekannt. Das Amt des Schatzmeisters würde Gerhard Jourdan, ein Unternehmer, der sein Unternehmen verkauft hat und als gelernter Bankkaufmann in der Lage ist, diese Aufgabe zu erfüllen, übernehmen. Das andere Präsidiumsmitglied wäre Christian Geiser – er war mein Kollege im Verwaltungsrat. Dort habe ich ihn kennen und schätzen gelernt. Er war Leistungssportler und arbeitet auch dadurch sehr zielorientiert, und was für mich auch sehr wichtig ist: Fairness hat für ihn eine sehr hohe Priorität. Mit Beiden werde ich sehr vertrauensvoll und effizient zusammenarbeiten können.
Den Grund für Ihren Antritt – Peter Fischers geäußerte Rücktrittsgedanken bzw. Amtsmüdigkeit in der Öffentlichkeit – haben Sie genannt. Das heißt, Sie haben es gar nicht auf einen Wahlkampf bzw. eine Kampfabstimmung abgesehen. Trotzdem wäre es interessant, was Sie besser machen wollen, als das aktuelle Präsidium. Für welche Philosophie stehen Sie und Ihr Team? Für was würde Eintracht Frankfurt in den kommenden drei Jahren stehen, wenn Sie gewählt werden würden?
Eintracht Frankfurt ist mir als Gesamtgebilde sehr ans Herz gewachsen. Zu meiner Zeit als Geschäftsführer gab es ja nur einen Verein als e.V. Dazu gehörten auch die Profiabteilungen Fußball und Eishockey. Jetzt ist der Fußball in einer AG ausgegliedert, und es gibt darüber hinaus weitere Tochtergesellschaften.. Unabhängig von den dadurch, auch gesetzlich gegebenen Regeln, sind wir jedoch auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Es bedarf aber einer vernünftigen Balance zwischen den unterschiedlichen Interessenslagen, die es da gibt. Das Wichtigste ist für mich aber, eine Diskussionskultur einzuführen, die es jedem Mitglied, egal welche Position es hat oder aus welcher Abteilung es kommt, ermöglicht, seine Meinung zu vertreten. Da würde ich von alten beruflichen Erfahrungen profitieren, dass ich mir erst einen Eindruck verschaffe, wer und warum welche Meinung hat, und dann daraus schließen, was man daraus lernen kann und dann zum Wohle des Vereins umsetzen kann.
Jetzt sind wir ein Fanmagazin, d.h. wir spiegeln auch Faninteressen wider. Die Fan- und Förderabteilung, die ja auch die größte Abteilung im Verein ist, hat in unserer letzten Ausgabe eine klare Wahlaussage für das amtierende Präsidium veröffentlicht und diese auch sehr streng gehalten. Was sagen Sie dazu, was ist Ihr Ansatz hinsichtlich Fanpolitik, wie machen Sie sich für den Fan im Verein „schmackhaft“? Auch vor dem Hintergrund, dass die Fanabteilung über sie suggeriert hat, Sie würden mehr über Fans reden statt mit ihnen.
Ich bin seit dem 1. Dezember 2000 Mitglied der Fan- und Förderabteilung, weil – unabhängig von den Personen, die die Gründung betrieben haben – mir die beiden Begriffe gefallen haben, die sehr gut miteinander harmonisieren. Ich bin Fan, und ich bin Förderer. Zum Beispiel habe ich meinen letzten Arbeitgeber, die Firma Südzucker, die weit weg von Frankfurt ihre Zentrale hat, überzeugt, in Frankfurt Business-Karten zu erwerben, die auch – bis zu meinem Eintritt – den Ruhestand gehalten wurden.
Dass die Fan- und Förderabteilung eine Wahlempfehlung ausgibt ist ihr Recht. Aber es ist zum ersten Mal seit sehr langer Zeit eine geheime Wahl. Und jeder kann sich sein eigenes Bild machen und für sich entscheiden, wer als Präsident des e.V. die Geschicke des Vereins in Zukunft führen soll.
Sind Sie zufrieden mit dem Status Quo des Zusammenseins der Eintracht-Familie, während früher alles am Riederwald unter einem Dach war und heute Profis am Stadion und Amateure und Nachwuchs am Riederwald getrennt sind? Was hätten Sie anders gemacht oder was würden Sie denn zukünftig anders machen?
Bei allem Respekt vor Peter Fischer und 15 Jahren Präsidentschaft hat er darüber hinaus natürlich einen großen Vorsprung zu Sachverhalten aus der Vergangenheit. Ich wäre mit meinem Team sehr leichtfertig, wenn wir uns im Vorfeld einer möglichen Amtsübernahme festlegen würden, ohne zumindest einen Teil des Rückstandes aufgeholt zu haben. Mein beruflicher Ansatz ist immer gewesen, dass wir erst schauen, was ist. Und wenn das gut ist, dass lassen wir es so. Wenn es Möglichkeiten gibt, Verbesserungen zu erreichen, dann werden wir das mit den Leuten, die es betrifft, diskutieren. Jetzt fällt es schwer, fertige Konzepte zu formulieren Ich bin seit einem Jahr nicht mehr im Verwaltungsrat – da geht es ja mehr um die wirtschaftlichen Verhältnisse des e.V. Hier habe ich bisher auch immer meinen Schwerpunkt gesetzt. Und um den e.V. steht es ja – wie wir alle wissen – nicht so gut. Es gab ja auch schon Überlegungen, das Nachwuchszentrum in eine weitere Tochtergesellschaft zu überführen, aber es ist jetzt zu früh, konkrete Aussagen wie über diese Ausgliederung zu treffen. Man muss erst einmal in die Details schauen. Ich habe es aber sehr bedauert, dass die U23 abgemeldet worden ist, aber ich habe kein Detailwissen dazu. Ich sehe aber auch das Handicap, dass die U23 zuletzt am Riederwald war. Eigentlich müsste man ja dem Cheftrainer einen Hubschrauber zur Verfügung stellen, damit er dort häufiger vorbeischauen kann. Denn es ist ja kaum zumutbar, dass er so viel Zeit auf der Straße verbringen muss, damit er von der Commerzbank-Arena zum Riederwald gelangen kann.
Das heißt, in Ihrer Zeit des Verwaltungsrats war die Abmeldung der U23 noch gar nicht thematisiert worden?
Nein, das ist alles später gewesen. Mir ist auch nicht bekannt, ob das Thema überhaupt im Verwaltungsrat war.
Es gab oft die Diskussion, was dem Verwaltungsrat nach der Satzung vorzulegen ist und was nicht. Die Lage des Vereins wurde von Sitzung zu Sitzung immer schwieriger. Das ist ja auch aus der Berichterstattung des Präsidiums zu zwei Mitgliederversammlungen erkennbar und darüber hinaus auch durch deren Interviews. Es gibt zum Beispiel einen Vertrag zwischen dem e.V. und der AG, der zu einer erheblichen Steuernachzahlung geführt hat. Dafür wurde in der Bilanz eine Rückstellung von 2,5 Millionen EUR gebildet. Das ist für den e.V. eine ganze Menge Holz. Ich habe bei meiner Präsentation zur Nominierung ausgeführt, dass dieser Sachverhalt im Vorfeld nicht ausreichend geprüft worden ist. Meiner Ansicht nach hätte man zumindest die hohen Zinsen auf die Steuernachzahlung verhindert. Da gibt es noch viele Dinge mehr. Was ich auch nicht verstehe, ist, dass ich als Mitglied des Verwaltungsrats zur Vertraulichkeit verpflichtet bin. Ich sage immer, dass die Mitgliederversammlung das höchste Gremium ist. Und wenn man das ernst nimmt, müssten die Mitglieder eigentlich wissen, wie es wirklich um den Verein steht. Ich spreche nicht von Einzelverträgen – es ist selbstverständlich, dass man nicht die Gehälter von zum Beispiel Geschäftsführern am Riederwald veröffentlicht. Aber über die große Lage sollten die Mitglieder eigentlich informiert werden.
Wie soll sich das Präsidium zum Leistungssport stellen? Das alte Präsidium – auch noch unter Axel Hellmann – hat auf Namen Wert gelegt, damit ein Eintrachtler mal bei einer EM, WM oder Olympiade eine Medaille holt. Das hat wohl auch viel Geld gekostet, denkt man an Lobinger und Co.
Es ist immer schwierig, wenn man nach vorne schauen soll, was ich auf der Mitgliederversammlung aber tun werde, aber man muss auch immer einen Blick zurück werfen, um zu sehen, wie die Situation war und was man daraus entwickeln kann. Es gibt Abteilungen bei der Eintracht – außerhalb der Fan- und Förderabteilung – die haben eigene Sponsoren, kommen damit bestens zurecht und sind bestens organisiert. Und es gibt Abteilungen, die keine Sponsoren haben. Ich habe damals vier, fünf Abteilungen mit Sponsoren versorgt, die auch auf dem Trikot waren. Das wäre der Weg bei Leistungssportabteilungen. Kinder gehen häufig nur in Sportvereine und betreiben einen Sport, wenn sie Vorbilder haben – das kennen wir aus Steffis und Boris‘ Zeiten. Es kann ja nicht im Sinne der Eintracht sein, wenn, wie damals, der Fußballbereich die Verluste der Eishockey-Abteilung ausgleichen musste.
Das Thema Wirtschaftlichkeit haben wir bereits angesprochen. Nimmt man nur die Zahlen von der letzten Jahreshauptversammlung, steckt der e.V. im Dilemma. Am 25. Januar gibt es die neuen Zahlen. Es müsste ein extremer Sparkurs gefahren werden oder die AG müsste noch mehr die Kasse öffnen. Wie kommen wir aus dem Dilemma heraus? Was wäre für die kommenden drei Jahre der Ansatz für ein neues Präsidium? Auch vor dem Hintergrund, dass es nicht so einfach ist, Sponsoren zu finden.
Sie haben das Wort „Dilemma“ genannt. Im Dilemma bin ich in jedem Fall, denn ich bin vor einem Jahr im Verwaltungsrat ausgeschieden und habe seitdem keine Informationen über den Fortgang. Was noch vor der Mitgliederversammlung veröffentlicht werden muss, das ist das Ergebnis für das Geschäftsjahr 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014. Diese Zahlen habe ich auch vom Präsidium angefordert, damit ich damit arbeiten kann. Mal sehen, was passiert. Und dann sind wir ja noch über sechs Monate weiter. Mehr kann ich jetzt nicht dazu sagen. Aber ich denke, dass ich in der Mitgliederversammlung dann in der Lage bin, mehr dazu zu sagen
Was können Sie aus Ihrer Zeit im Verwaltungsrat zum Verhältnis zwischen e.V. und AG berichten? Gab es etwas Erwähnenswertes? Könnte es im Sinne der Eintracht besser laufen?
Aus den Sitzungen des Verwaltungsrats könnte ich überhaupt nicht ableiten, dass es Probleme gegeben hat, in dem Sinne, dass man nicht miteinander kommuniziert hätte. Aber die AG ist natürlich unter anderen Gegebenheiten zu sehen als ein Verein; die Vertraulichkeit ist sicherlich noch stärker gefordert. Aber e.V. und AG müssten im Sinne harmonischer Zusammenarbeit ganz eng miteinander verzahnt sein. Wenn einzelne Personen mal unterschiedlicher Auffassung sind, dann kann man das austragen, das kann man auch in einem Vier-Augen-Gespräch erledigen. Wenn alle das Wohl der Eintracht im Auge haben, dann wird man immer zu einer Lösung kommen. Und wenn nicht, dann muss der die Entscheidung treffen, der die Verantwortung für den jeweils anstehenden Sachverhalt hat.
Das neue Präsidium wird ja auch im Sommer die maßgebliche Zusammenarbeit des Aufsichtsrats bestimmen. Sprich: Es wird ein neuer Aufsichtsratsvorsitzender gewählt.
Es gibt im Aktiengesetz eine klare Regelung: Die Mitglieder des Aufsichtsrates werden durch die Gesellschafterversammlung, also in unserem Fall die Aktionäre, gewählt. Dazu kann und werde ich mich jetzt nicht äußern, da das noch gar nicht auf meiner Agenda steht. Ich müsste erst mal mit meinem Team gewählt werden und mir dann ein Bild verschaffen.
Die Dinge, die mir zugetragen werden und die auch in der Presse abgehandelt wurden, sind alle sehr abenteuerlich. Die Personen, die mir über die Medien zugerechnet worden sind, waren nie für mein Team vorgesehen und werden auch nie Mitglied in meinem Team sein. Ich wehre mich auch gegen den Vorwurf, dass ich von irgendwem instrumentalisiert werde. Ich bin frei und unabhängig und gehe die Sache so an, wie ich das mein Leben lang im Beruf gemacht habe, indem ich versuche, Lösungen zu finden und dafür Zustimmungen zu bekommen. Das war und wird nicht immer einfach sein. Mit allem Respekt – ich unterschätze das nicht!
Können Sie sich denn vorstellen, dass Mitglieder des Aufsichtsrates, die selbst zur Disposition stehen, Hoffnung in Ihre Kandidatur setzen?
Ich habe dazu keine Vorstellung.
Kommen wir konkreter zu den Unterstützern. Da gibt es einige Namen, die in der Presse genannt wurden: Herbert Becker (Ex-Aufsichtsrat), Robin Fritz (Ex-Aufsichtsrat) und Thomas Pröckl (Ex-Finanzvorstand). Hat dieser Personenkreis Sie angesprochen?
Nein, dieser Personenkreis hat mich nicht angesprochen. Es gab einen Kontakt, zu dem stehe ich auch ohne jeden Zweifel: Herr Becker hat mich nach der Mitgliederversammlung, in der er den Präsidenten intensiv kritisiert hat, angesprochen, in dem Zusammenhang, dass ich zeitgleich mein Mandat für den Verwaltungsrat zurück gegeben habe. Ansonsten war diese Geschichte, die ich ja auch in den Tageszeitungen kommentiert habe, sehr eigenartig. Eigentlich hätte ich unterstellt, dass die Unterstützer, die sich an den Wahlausschuss wenden, dies vertraulich tun können. Aber die Geschichte war ja ruck zuck in der Öffentlichkeit. Das hat mich sehr gewundert.
Dieser Personenkreis hat, wie auch zwei andere Gruppen, die an den Wahlausschuss geschrieben haben, einen Aufruf des e.V. in der Mitgliederzeitung (zur Nominierung von Kandidaten für das Präsidentenamt, Anm. d. Red.) unterstützt. Das war gar nicht nötig. Es hätte auch völlig ausgereicht, wenn ich mich alleine beworben hätte, was ich aber ganz sicher nicht von mir aus getan hätte. Deshalb gab es diese drei Listen.
Mal eine provokante Frage: Zwei Jahre Geschäftsführer bei der Eintracht, ein Jahr Verwaltungsrat bei der Eintracht. Was spricht dafür, sollten Sie gewählt werden, länger als ein Jahr Präsident zu sein?
Ich war damals 46 Jahre alt und kam von der Lufthansa. Dort hat mein Wechsel zur Eintracht, gelinde ausgedrückt, Erstaunen ausgelöst, zumal ich wegen meiner langen Zugehörigkeit unkündbar war. Die Antwort für meinen Wechsel ist ganz einfach: Das war mein Traumjob. Ich bin mit Leidenschaft Sportler, nicht nur in einer Sportart. Und das war alles bei der Eintracht gegeben, und es ist seit 1960 mein Lieblingsverein. Aber ich hatte auch eine Familie zu ernähren, deshalb habe ich damals gesagt, ich unterschreibe einen Zweijahresvertrag. Und wenn ich nicht in ein unkalkulierbares Risiko hineinlaufe, dann werde ich ein sehr treuer Arbeitnehmer sein und bis zum Ende meiner Berufszeit bei der Eintracht arbeiten. Die Treue zu einem Arbeitgeber habe ich bewiesen – ich war 23 Jahre bei der Lufthansa. Nach dem Destaster in Rostock habe ich meinen Vertrag aber auslaufen lassen. Jetzt geht es um ein Ehrenamt, das ich unentgeltlich ausüben werde. Das galt auch für mein Mandat im Verwaltungsrat. Über die Gründe zu meinem Rücktritt werde ich bei Gelegenheit noch berichten. Nur hier so viel: Es gab einen sehr gewichtigen Grund.
Welches Verhältnis haben Sie zur aktuellen Führung in AG und e.V.?
Soweit ich sie kenne, ein ganz normales. Peter Fischer kenne ich schon sehr lange. Zu der Zeit hatten wir einen gemeinsamen Freund. Deshalb bin ich mit Peter Fischer auch per Du. Darum geht es eigentlich auch nicht. Es geht um die Sache.
Gibt es Vorwürfe an Ihren Gegenkandidaten?
Da gibt es viele, sonst würde ich nicht antreten. Das ist keine Frage.
Welche?
Wir sollten den nächsten Schritt tun, den Verein aus der Misere führen und eine Weiterentwicklung vornehmen, die vor allen Dingen dazu führt dass die Abteilungen nicht fürchten müssen, morgen keine Mittel mehr zu haben und den Sportbetrieb nicht aufrecht erhalten zu können. Und vom Typ her bin ich sicher das Gegenstück zu Peter Fischer. Mein Leben läuft in anderen Bahnen als seines.
Es ist klar, dass Sie als fannah gelten. Aber was wäre für ein Mitglied der Fan- und Förderabteilung, das schon heute beispielsweise durch Stefan Minden einflussreich im Präsidium vertreten wird, der Grund, zu sagen, eigentlich wäre Reiner Schäfer der bessere Mann für die Zukunft des e.V.?
Ich lasse mich mit Sicherheit nicht von Einzelinteressen vereinnahmen. Vorausgesetzt, ich werde gewählt, bin ich mir ganz sicher, dass ich, im Rahmen der derzeit gegebenen Sachlage, die Interessen aller Mitglieder im Auge haben kann. Und nicht nur meine Rückschau auf die Zusammenarbeit mit den Fans, ist in positiver Erinnerung. Deshalb empfehle ich allen Mitgliedern, zur Versammlung zu kommen. Sie sollen sich anhören, was ich zu sagen habe. Und danach können sie sich eine Meinung bilden. Dann wird man sehen, wie die Wahl ausgeht. Klar ist, dass es Menschen gibt, die für mich stimmen werden – sonst wäre ich ja nicht angesprochen worden – und genauso werden Menschen für Herrn Fischer stimmen. Wie das ausgeht ist spekulativ.
Müsste man Sie als Präsidenten fürchten, weil Gönner der Vergangenheit nur eine Eintracht mit einem Präsidenten Peter Fischer finanziell unterstützen könnten oder bauen Sie darauf, dass das Eintracht-Herz solcher Gönner nicht von Personen im Amt abhängt?
Bei allem Respekt vor den Leuten, die Eintracht Frankfurt helfen und unterstützen, Eintracht Frankfurt als sympathischer und selbstbewusster Verein sollte aus vielen Gesichtspunkten eine Adresse sein, mit der man sich gern und ohne komplizierte Vorbedingungen zusammentut. Es ist jeder willkommen, der uns unterstützen will, aber die Entscheidungen darüber, was bei diesem Verein passiert, muss von den Personen getroffen werden, die die Verantwortung übertragen bekommen haben. Ich bin aber ganz sicher, dass es viele Leute gibt, die willens sind, der Eintracht weiterzuhelfen und das nicht allein davon abhängig machen, wer im Präsidium ist.
Sehr wichtig ist das Thema „50+1“, Red Bull Leipzig steht vor der Tür. In Hoffenheim darf Dietmar Hopp seinen Verein übernehmen. Kind engagiert sich bei Hannover 96 und Kühne noch beim Hamburger SV, wenngleich er dort gerade seinen Ausstieg vorzubereiten scheint. Hertha BSC hat den nächsten Investor verkündet und gehört dann zumindest wirtschaftlich zu den Champions League-Anwärtern. Wie sehen Sie tendenziell den Weg des Fußballs in Deutschland, auch vor dem Hintergrund, dass wir mit Bayern München den Überflieger haben, gegen den keiner ankommt, wodurch Spiele gegen Bayern München schon vor dem Anpfiff aufgegeben werden? Wir haben immer vor spanischen Verhältnissen gewarnt. Doch in Spanien haben wir einen Überraschungsmeister. Dort haben die wenigstens zwei Vereine, die oben sind. Und hier haben wir nur noch Bayern München. Unter normalen Bedingungen wird keiner gegen die ankommen, es sei denn VW buttert in Wolfsburg noch mehr rein. Wie sehen Sie Eintracht Frankfurt und die Liga in Zukunft, wenn immer mehr Marketingabteilungen wie Red Bull in der Bundesliga vertreten sind? Da ist für einen Vereinspräsidenten die 50+1-Regel ja sehr wichtig.
Es gibt einen Verein, den ich nicht mit Namen nenne, weil ich mich sonst unbeliebt mache, der aus eigener Kraft mit einer guten Fußballmannschaft zu Beginn gut gewirtschaftet hat. Das ist eine Vorstellung, die mir auch sehr gefallen würde, sollte uns das gelingen. Das wird in der heutigen Zeit aber immer schwieriger. Dieser Verein, aber nicht nur der, sind heute weit voraus. Dass es in einer Stadt wie Frankfurt nicht möglich ist, Gespräche zu führen, die dem Verein in eine bessere Position unter der Verantwortung des Vereins mit seiner Tochter AG ermöglicht, ist mir bis heute ein Rätsel. Das ist ein Punkt, dessen Ansatz ich in Zukunft wieder aufnehmen möchte. Da habe ich übrigens aus den Gesprächen mit Herrn Hellmann aus meiner Zeit als Verwaltungsrat den Eindruck, dass das bei ihm, aber auch bei Heribert Bruchhagen, in guten Händen liegt.
In Frankfurt hat nie die Identifikation stattgefunden, die Eintracht zu pushen; beim Hamburger SV war auf einmal eine Kühne da, in Hannover Kind. Hier fehlen die Leute, wenn man mal von Wolfgang Steubing absieht. Klar, bei den Fans ist die Identifikation vorhanden, aber nicht in der Wirtschaft. Das vermissen wir nach wie vor.
Sie müssen bei allen Unterstützern unterscheiden zwischen den Einzelpersonen, die aus ihrem Vermögen etwas geben, die niemanden fragen müssen, außer vielleicht Familie und Erben. Und auf der anderen Seite eine Firma, wo der Vorstand fragen muss, wo der Benefit fürs Unternehmen ist. Ich habe den Eindruck, dass man immer sagt, bei der Eintracht ist das halt so. Das ist nicht nur charmant gemeint. Deswegen steht uns etwas mehr Bescheidenheit im Umgang mit Leuten, die etwas bewegen könnten, gut zu Gesicht. Ich kenne zum Beispiel einige Leute, die damals bei der Eintracht einzelne Abteilungen gefördert haben, die gesagt haben: Für den Fußball gebe ich nichts, aber für die Turnabteilung, wo so viele Kinder bewegt und beschäftigt werden, wo man auch lernt, wie man mit Sport im Team umgeht. Das gab es schon, aber es war dann immer von der Person abhängig, weil z.B. das eigene Kind dort war, aber nie von der 100%igen Identifikation mit dem Verein her. Wir bekommen ja immer noch vorgeworfen, dass man sich früher auf der Mitgliederversammlung der Eintracht geprügelt hat. Das ist noch immer gegenwärtig und ein absolutes „No go“!
Aber kann Eintracht Frankfurt langfristig überhaupt ohne einen Investor überleben? Denn fast alle Einnahmequellen sind ausgereizt. Jetzt versucht die AG-Führung etwas am Stadionvertrag zu machen. Bei den Namensrechten kommt etwas Kleines rein – im Vergleich zu Hamburg etwa ein Sechstel. Wie kann die Eintracht zehn Jahre in einer Liga überleben, mit den Ansprüchen einer Stadt wie Frankfurt? Wir sind nicht Braunschweig oder Freiburg, wir sind durch die EZB fast die wichtigste Stadt in Europa geworden und mit Sicherheit die wirtschaftlich wichtigste in Deutschland Das Umfeld ist ja schon devot. Man ist froh, wenn man nichts mit dem Abstiegskampf zu tun hat und alle drei Jahre mal an der Europa League anklopfen kann. Aber ist das der Anspruch von Eintracht Frankfurt? Und wenn dieser Anspruch zu gering ist, was wären die geeigneten Schritte, um höhere Ziele erreichen zu können?
Es gab mal einen Sponsor bei der Eintracht, der hieß Samsung. Die waren, als sie nach Deutschland kamen, völlig unbekannt. Man hat nicht einmal gewusst, wie die sich schreiben. Die sind zwei Jahre als Trikotsponsor zum 1. FC Köln gegangen, zwei Jahre zur Eintracht und zwei Jahre zum HSV. Danach hat jeder gewusst, wer und was Samsung ist, wo die herkommen und welche Produkte sie in Deutschland vertreiben. Danach haben die aufgehört – das nennt sich Marketing. Dann gibt es das Mäzenatentum, dann die Leute, die im privaten Bereich etwas machen. Frankfurt ist eine sehr internationale Stadt, und damit haben wir ein kleines Handicap am Bein. Ein Konzern, der hier nur eine Filiale hat, der wird sich aus Marketinggesichtspunkten, häufig schwer tun den regional wirkenden Verein Eintracht als Marketing-Plattform zu sehen. Wir sprechen ja auch hier vom Verein und nicht von der AG.
Reicht das Sponsorentum in den nächsten zehn Jahren alleine oder müssen wirklich noch Anteile verkauft werden? Wir haben nicht mehr so viele Felder, wo wir noch Mehreinnahmen generieren können.
Wenn ich das richtig verfolge, so ist durch die Europapokalteilnahme nachhaltig viel Geld an die Eintracht ausgeschüttet worden. Das sind doch Mehreinnahmen, wenn auch wiederum für die AG.
Wenn Sie jetzt gewählt werden, dann sind Sie Präsident des e.V., Mehrheitseigner der AG. Es gibt noch Anteile, die nicht verkauft sind. Wären Sie für ein Investorenmodell offen?
Da kann und will ich zu diesem Zeitpunkt nichts zu sagen. Wie sollte ich das auch seriös tun?
Sehen Sie „50+1“ genauso schützenswert wie es das aktuelle Präsidium tut? Peter Fischer und Axel Hellmann sagen ganz klar: „50+1“ ist unantastbar. Oder sagen Sie: Es ist das Papier nicht wert, wo es draufsteht; man muss über Modelle nachdenken, um in Frankfurt Fußball mit einem anderen Niveau präsentieren zu können. Muss sich Eintracht Frankfurt dauerhaft nicht als Gastgeber präsentieren, wo internationaler Fußball zu Hause ist? Und das geht wohl nur noch mit externen Geldern?
Nach heutigem Stand würde ich sagen, ist es mit Sicherheit das richtige Modell – da haben sich die Väter des Modells auch was dabei gedacht. Wie weit das geht, schaut man sechs, sieben, acht Jahre weiter, ist das sicherlich nicht einfach aus einer Tagesmeinung heraus ableitbar. Da muss man sich schon intensiver mit beschäftigen. Aber als Mehrheitsgesellschafter und einer Einheit mit differenzierten rechtlichen Verantwortungen wird man sich intensiv darüber unterhalten müssen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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