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Interview mit drei Frankfurter Ultras

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"Vereint die Kurve"

Interview mit drei Frankfurter Ultras

(fgv) Vorab einige Informationen zum Hintergrund dieses Interviews, denn der aufmerksame Leser kann sich ja schon fragen, wieso den Ultras schon wieder so ein breiter Raum in Fgv eingeräumt wird.

Liegt aber eigentlich in der Natur der Sache. Die Ultras Frankfurt sind nicht nur die größte und die aktivste Gruppe unter den Frankfurter Fans sondern auch fast ausschließlich für die Wahrnehmung der Eintracht-Fans durch andere Fans verantwortlich. Mit anderen Worten: Den Ultras ist es zu verdanken, dass die Fanszene der Eintracht in ganz Deutschland hochgeschätzt wird, was insbesondere den Support, die Choreografien aber auch den Zusammenhalt der Gruppe betrifft.

Die Ultras FFM treten nach außen sehr geschlossen auf. Durch die Tatsache, dass ihre Mitgliederzahl fast schon bei 600 liegt, kann das für Außenstehende schon mal ganz schön massiv wirken. Hinzu kommt noch die spezifische Mode der Ultras, die mit der Mode der alten Kuttenfraktion in der Kurve nichts mehr zu tun hat, sondern sich eher am Hool-Outfit orientiert. Auch das kann bei Außenstehenden zu gewissen Irritationen führen.

Der spezifische Hintergrund für dieses Interview hängt in gewisser Weise mit dem eben genannten zusammen. Im Vorfeld und während der Europameisterschaft wurde in einer teilweise unheiligen Allianz von Medien und Sicherheitsverantwortlichen, darunter auch die Polizei, eine unglaubliche Hysterie entfacht, was die Gefährdung des Fußballs durch Hooligans betrifft. Übrigens in völligem Gegensatz zu den Polizeistatistiken der letzten fünf Jahre, die alle einen Rückgang der Gewalt beim Fußball belegen. Sicherlich kann jeder Eintracht-Fan, der schon zehn Jahre ins Waldstadion geht, diesen Rückgang aus eigener Beobachtung unterstreichen.

Trotzdem wurde wie gesagt vor der Euro ein Bedrohungsszenario konstruiert, und hierbei spielte die sogenannte und ominöse Datei "Gewalttäter Sport" eine zentrale Rolle. Diese Datei wird in der "Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze" (ZIS) beim LKA in Düsseldorf geführt. Bis 1999 waren dort offiziellen Verlautbarungen zufolge ca. 2.600 Personen gespeichert. Diese Zahl hat sich im Vorfeld der Europameisterschaft schwuppdiwupp mal einfach so locker auf 8000 verdreifacht. Bei einer Nachfrage bei der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) über die Hintergründe für diese hohe Zahl, konnte auch nur spekuliert werden; es gibt jedoch keine veröffentlichte Begründung, warum die Zahl auf einmal so hoch ist.

In der öffentlichen Debatte kursieren ja auch die merkwürdigen Polizeikategorien A, B und C. Übersetzt soll das heißen: A-friedliebender Fan; B- unter Umständen zu Gewalt bereiter Fan und C - zu Gewalt entschlossener Fan. Daß diese Kategorien mit der Realität im Stadion oftmals gar nichts zu tun haben ist der Polizei nicht so wichtig, jedoch wird über die Installierung von sogenannten szenekundigen Beamten (in Frankfurt sind das Heiko Homolla und Andreas Frankenbach, die den Lesern auch schon durch ein Fgv-Interview bekannt sind) versucht, diese Kategorisierungen so perfekt wie möglich zu machen.

Die Datei "Gewalttäter Sport" sowie die beim DFB geführte Datei der bundesweiten Stadionverbote, die mittlerweile auch schon ca.. 1.400 Namen umfasst, sind Grundlage für alle weiteren Maßnahmen, die die Polizei treffen kann, um gegen sogenannte "Problemfans" vorzugehen. Ihr habt ja vor der Euro mitgekriegt, was da so alles geht. Sogar Grenzkontrollen wurden extra wegen uns Fußballfans wieder eingeführt. Fgv hat sich natürlich gefragt, was man denn verbrochen haben muß, um in die Datei zu kommen. Wir haben bei der KOS nachgefragt, nur leider konnte uns da auch keine richtige Antwort gegeben werden. Ganz offensichtlich liegt das mit im Ermessen der unterschiedlichen szenekundigen Beamten.

In Frankfurt gab es vor der Euro 21 Ausreiseverbote für Eintracht-Fans, darunter waren nicht nur Hooligans sondern auch überraschenderweise der eine oder andere Ultra. Deswegen das Interview. An ihm nahmen von den Ultras Daniel, Sascha und Jens teil.

Wie ist denn das losgegangen mit den Ultras? Seit wann gibt es euch?

Daniel: 1994 ist ein Teil der Fanszene rüber auf die Gegengerade gewechselt. Das Pferd hatte das mit den Dauerkarten klargemacht. Wir sind dann mit den Wiesbadenern, den Bembelravern, rüber und haben ein Jahr später den Stein (Martin Stein ist der mit dem Megafon; Fgv) gegen seinen Willen rübergeholt. Am Anfang lief das ganze ja unter Binding-Szene plus den Bembelravern. Dann ist die Brigade Nassau entstanden, später das Inferno Schwalbach und viele andere, bis sich schließlich 1997 die Ultras Frankfurt gegründet haben. Die Gruppen gibt es weiter, aber alle gehören zu den Ultras. Im Laufe der Zeit haben sich immer mehr Gruppen und Fan-Clubs den Ultras angeschlossen. Zur Zeit sind wir 530 Leute, die mit Abstand größte Ultra-Gruppe in Deutschland.

Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen den Ultras und der Brigade Nassau?

Daniel: Ja schon. Die Brigade ist ja mit der Ursprung der Ultras aber im Gegensatz zur Binding-Szene oder zum Inferno, die sich als Ultras sehen, sieht die Brigade sich als was eigenständige. Sie sehen sich aber auch nicht als Hooligans.

Was ist denn der Sinn der Ultras, was wollt ihr?

Sascha: Wir wollten eine übergeordnete Gruppe ins Leben rufen, die nicht unbedingt die Fanclub-Schiene fährt, sondern die ein Auffangbecken für alle ist, die der Ultra-Idee anhängen und die diese Idee unterstützen wollen, die beispielsweise an den Choreografien mitarbeiten oder sie sogar mitfinanzieren. Die Leute müssen aber nicht unbedingt aus ihren Fanclubs austreten, um Mitglied bei den Ultras zu sein.

Ultras also eher verstanden als eine Idee vom Fansein und nicht so sehr als Organisation?

Sascha: Es ist ein Verständnis wie in Italien, wo du eine komplette Kurve hast, die z.B. als Ultra-Turin bekannt ist, die aber auch ihre Untergruppen hat, wo jede Sektion einen eigenen Namen hat, sich alle aber als Ultras verstehen, die den gleichen Weg gehen, die gleiche Idee haben und die gemeinschaftlich umsetzen wollen. Wir wollen die Kurve vereinen und zu Höchstleistungen in Sachen Support animieren.

Was ich so beobachte ist, dass wenn junge Kids neu ins Stadion kommen, orientieren die sich zu den Ultras. Was glaubt ihr denn macht die Ultras für die jungen Fans so interessant?

Daniel: Als Fußballfan ist der Fußball ja dein Leben, alles andere wie 'ne Freundin, dein Leben quasi leidet da ja drunter, wenn du ein Hardcore-supporter bist. Wir wollen für die jungen und für alle, die die Idee der Ultras gut finden ein Auffangbecken sein. Zu uns kommen die Leute weil sie ihren Spaß haben wollen. Sie sehen, die Jungs gehen ab, da wird gefeiert.

Sascha: Es ist auch nicht mehr das feste Fanclub-Denken, so mit Mitgliedsbeitrag und festen Treffen. Es ist das Ding, da ist `ne breite Masse von Leuten, egal wo sie herkommen, die alle einen Weg gehen, die alle zusammenhalten, die sich verstehen und wo es nicht mehr diese Fanclubrivalitäten gibt. Früher gab es als junger Fan im Stadion nur zwei Möglichkeiten. Entweder du bist als Kutte in den G-Block oder zu den Hooligans. Die Jugendlichen heute können auch noch zu den Ultras kommen, was sie ja auch machen. Hier können sie sich einbringen und sich verwirklichen. Jede Minute, in der du an Doppelhaltern arbeitest oder an Choreografie-Ideen ist auch eine, in der du z.B. nicht an Gewalt denkst.

Was macht denn das Ansehen von Ultras aus? Es ist ja schon eine sehr offensichtliche und visuelle Geschichte mit den Choreografien, mit den großen Fahnen, den Doppelhaltern, mit den Bengalos und dem Rauch? Wann gilt eine Gruppe als gut?

Daniel: Als gut gilt `ne Gruppe, wenn sie ihre Kurve unter Kontrolle hat. Wenn es keine Motzereien oder so was gibt, sondern jeder mitmacht. Die Ultras wenden sich auch total gegen den Kommerzgedanken, der im Fußball immer stärker wird. Je stärker eine Gruppe ist, um so mehr Möglichkeiten hast du, um was rüberzubringen. Stell dir mal vor, wenn du so 1.000 oder 2.000 Leute hast und machst dann `ne Choreo gegen den Flughafenausbau, der ja auch irgendwie das Waldstadion betrifft. Du hast halt die Möglichkeit mal gepflegt gegen irgendwas zu sein, zu demonstrieren. Der normale Bürger in Deutschland macht das ja gar nicht mehr.

Noch mal eine Nachfrage. Ist das richtig, es geht um Zusammenhalt, um ein bestimmtes Verständnis von Support und auch darum sich bei den gegnerischen Fans Respekt zu verschaffen?

Daniel: Es ist ein Wettbewerb. Früher wurde sich geboxt bei den Hools, bei uns geht's halt um die Ultra-Idee, der Support muß stimmen. Die Schlacht wird im Stadion gewonnen, wenn man so will. Es ist eigentlich eine geile Alternative zum Hooligan-Dasein.

Sascha: Noch mal zurück nach Italien: Dort gibt es eine Kurve, die gegenüber dem Verein geschlossen auftritt und die deshalb eine enorme Macht hat. Bei Lazio ist es zum Beispiel so, dass dort nichts ohne die Ultras geht. Sogar bei Verhandlungen über Spieler reden die Ultras mit; sie stellen den gesamten Ordnungsdienst im Stadion. Das ist auch etwas was wir wollen: So stark werden, dass der Verein nicht mehr an uns vorbei kann. Denkt an das Leverkusen-Spiel, wo wir es geschafft haben, dass 10.000 Fans erst 15 Minuten nach dem Spielbeginn ins Stadion rein sind. In der Größenordnung gab's das noch nie.

Apropos Leverkusen, um das Ultra-Verständnis für die Leser rüberzubringen. Als die SGE am vorletzten Spieltag dort auflief, gab es dort ja auch eine Choreografie. Wie fandet ihr die denn?

Alle: Würg!

Jens: Das war keine Choreografie, sondern eine Werbeaktion des Vereins. Eine richtige Choreografie geht von den Gruppen aus, wird von den Gruppen organisiert und durchgeführt. Die Ultras sind unabhängig vom Verein.

Wie ist den das Verhältnis der Ultras Frankfurt zum Verein?

Sascha: Wir hatten ein Super-Verhältnis zum Patella, aber auch zum Lötzbeier ist es ganz gut. Was Aktionen angeht ist es so, dass wenn wir eine Idee haben und die alleine umsetzen können, dann machen wir das auch alleine. Sollten wir die Eintracht brauchen, gehen wir hin und fragen um Unterstützung.

In München war es so, dass der Verein von den dortigen Ultras ein Pyro-Verzicht gefordert hat, und ihnen das versüßt hat mit mehreren Schwenkfahnen, die der Verein bezahlt hat und auch gestaltet hat. Die Ultras hatten überhaupt keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten. Das wollen wir nicht, wir lassen uns nicht kaufen.

Das Drumherum rund um die Fußballspiele nimmt ja immer mehr zu. Es gibt Cheerleader, es wird bei jedem Tor irgend so'ne Sch...-Musik eingeblendet, ebenso direkt nach dem Abpfiff. Wie ist denn eure Haltung zu dieser Animation?

Sascha: Also, wenn ich irgendwelche Cheerleader brauche oder irgendwelche Leute, die mir Musik einspielen, damit ich mitträllern kann, dann geh' ich zur Galaxy. Eine Fußball-Fanszene war immer dann stark, wenn sie sich selbst präsentiert hat, wenn sie ihre eigenen Lieder gesungen und das auch rübergekommen ist. Es ist ein falscher Weg irgendwelche Cheerleader rumhüpfen zu lassen oder den Anton aus Tirol zu spielen.

Daniel: Das ist super-ärgerlich und uns Fans gegenüber total respektlos. Man sollte die Freude und die Emotionen nach einem Spiel wirken lassen und die nicht mit so einer Scheiß-Musik wegdröhnen.

Ein Bestandteil der Ultra-Szene ist ja auch der Gebrauch von Rauchentwicklern und von Bengalos. Nun ist es so, dass die laut Stadionordnung verboten sind. Wie ist denn eure Haltung hierzu?

Sascha: Pyros sind mit Sicherheit gesundheitsschädlich, ist mit Sicherheit auch gefährlich, wenn man's unkontrolliert irgendwo abbrennt. Ich glaube, wenn man den Leuten die Möglichkeit gäbe, den Pyrowahn, der ja nun mal da ist, weil es einfach geil ist, es gibt geile Bilder in den Medien, es wird dort z.B. bei Premiere und von anderen Firmen genutzt, weil es nun mal einfach geile Bilder sind. Es bringt auch, gerade bei Flutlichtspielen eine unglaubliche Atmosphäre ins Stadion rein. Ein kompletter Verzicht auf solche Sachen schneidet auch ein bißchen Atmosphäre weg. Man könnte einen Deal machen: Wir haben auf der Gegengerade unten die Mauer , unterhalb dieser Mauer ist nichts außer Sand, wenn man sich da drauf stellen würde mit Bengalos, würde die abbrennen lassen und dann runterfallen lassen, dann würde das ein Weltklasse-Bild geben und es würde im Grunde niemand gefährden.

Jens: In Bochum war es ja jahrelang möglich, die Dinger kontrolliert abbrennen zu lassen. Da standen unten die Ordner mit den Sandeimern und nie ist irgendetwas passiert. Heute wird das Bengaloabbrennen ja behandelt wie ein Kapitalverbrechen.

Das heißt die Ultras wären hier kompromißbereit und würden bei einer Genehmigung für das Bengaloabbrennen unter sicheren Bedingungen bestimmte Kompromisse eingehen.

Alle: Ja, klar!

Hier kommt jetzt noch ein anderes Thema zur Sprache. Seit 1998 der WM in Frankreich werden ja die Hools und seit der Euro 2000 auch die Ultras in der Öffentlichkeit als total gefährlich dargestellt. Glaubt ihr, dass das rigide Vorgehen z.B. gegen Rauchpulver oder Bengalos damit zusammenhängt?

Sascha: Natürlich. Weil man versuch,t Emotionen und alles, was man nicht kontrollieren kann, aus dem Stadion rauszukriegen. Dazu gehört natürlich Pyro und Rauchpulver. Im Grunde ist die Hooliganaktivität in Deutschland in den letzten zehn Jahren immer weiter runtergegangen, es gibt kaum noch Hooliganaktivitäten und im Stadion schon gar nicht. Die Polizeieinsätze sind aber praktisch gleich hoch geblieben.

Daniel: Die Maßnahmen werden ja eher immer schärfer. Die Überwachung nimmt immer mehr zu, die Strafverfolgung ist wesentlich härter geworden. Mittlerweile haben ja die sogenannten Kategorie B Fans (das dürfte die Kategorie sein, in die die Polizei die Ultras einsortiert, Fgv) einen höheren Stellenwert in der Strafverfolgung als die Hooligans. Ich empfinde das als absolut ungerechtfertigt. Wahrscheinlich liegt es daran, dass uns die Polizei überhaupt nicht einschätzen kann und sich von unserem Mob, wenn wir auswärts ankommen, beeindrucken läßt.

Du sagst, die Polizei kann euch wahrscheinlich nicht einschätzen, aber eigentlich müsste sie das ja können, denn immerhin gibt es ja in Frankfurt die szenekundigen Beamten ...

Sascha: Die szenekundigen Beamten sind immer nur so szenekundig, wie es die Szene zuläßt. Wenn die Szene keine Informationen gibt, dann sind die szenekundigen Beamten auch nicht szenekundig. Das heißt, die beiden Frankfurter Beamten hasten der Szene immer zwei Schritte hinterher. Sie sind auch nicht interessiert an einem ordentlichen Gespräch, man kann sich mit denen nicht unterhalten. Im Grunde sind sie da, um Strafverfolgung auszuüben. Und das ist wahrscheinlich den wenigsten von uns bewusst.

Bei der Europameisterschaft hatte die Erweiterung der "Datei Gewalttäter" Sport auf die sog. Kategorie B, d.h. auf die Ultras ja teilweise sehr negative Auswirkungen für die Leute vor Ort. Es sind ziemlich viele Leute völlig zu Unrecht wie Gewalttäter behandelt worden, ohne dass sie was mit Gewalt zu tun haben. U.a. sind ja auch, wie ihr erzählt habt, vier Frankfurter in Belgien festgenommen worden, die nichts anderes taten als in einer Kneipe Fußball zu schauen. Die Klassifizierung von Ultras als gefährlich, womit hängt das eurer Meinung nach zusammen?

Daniel: Mit dem militanten und einheitlichen Auftreten der Ultras und auch damit, dass wir uns kleidungsmässig an der Hool-Mode orientieren.

Aber kann's das alleine sein?

Sascha: Das Auftreten von Ultras ist schon aggressiver als das anderer Fan-Clubs. Es ist jetzt kein aggressives Auftreten in dem Sinne, dass man jetzt Gewalt ausübt, aber man präsentiert sich wesentlicher aggressiver durch Doppelhalter, durch Gesänge oder durch Gespringe oder Gehopse. Und es gibt offensichtlich einen Haufen von Leuten, denen das nicht gefällt. Die hätten halt lieber Zuschauer im Stadion, die für teures Geld ihre Eintrittskarten kaufen, sich auf ihren Platz begeben, klatschen, wenn die Eintracht ein Tor geschossen hat und dann zufrieden nach Hause gehen.

Das heißt, für euch ist schon unerklärlich, wieso ihr von der Polizei derart behandelt werdet?

Daniel: Wir sagen schon mal "Am Samstag fahren wir mit 500 Mann nach Lautern und treten alles kurz und klein", aber das ist Spaß. Wir fahren da hin, die Leute trinken, sie unterhalten sich nett, vielleicht steigen die Mannheimer ein, die vor drei Jahren noch Todfeinde waren und dann labern wir irgend einen Schwachsinn, und dann kommst du am Lauterer Bahnhof raus und du wirst empfangen wie ein Schwerverbrecher.

Sascha: Da gibt es eine absolute Hysterie und Paranoia, gesteuert von den Medien, aber auch bewusst gesteuert durch die Polizei und die Ordnungsdienste, die mit dem Phänomen nichts anfangen können. Es wird einfach gesagt, das sind die Leute, die sich nicht den Regeln entsprechend verhalten, also müssen sie kontrolliert werden.

Kann es nicht auch sein, dass ihr auch nicht so ganz schuldlos seid an eurem Ruf, insbesondere wenn man da an den "Babbedeggel" denkt, euer Fanzine. Als Unbeteiligter könnte man meinen, ihr habt den Ruf zurecht.

Daniel: Das Ding ist ja, dass alles schon kernig abläuft, auch im "Babbedeggel". Wir mussten uns in Frankfurt auch erstmal durchsetzen und wollten ja auch ein breites Spektrum einfangen. Irgendwann stehst du halt mal vor der Adlerfront und wir haben es schon geschafft, die für uns zu gewinnen. Die meisten von denen sind halt aus dem Alter raus. Die finden das aber gut, was bei uns läuft, die finden es auch gut, dass wir nicht so auf Gewalt abfahren. Die Stimmung ist geil geworden und es macht auch denen Spaß, das mal so zu beobachten.

Sascha: Ich glaube auch, dass das Wort Ultra zu dieser Einschätzung beiträgt. Die draußen raffen halt nicht, was das bedeutet. Die meisten Leute verbinden das Wort Ultra gleich mit irgendwelchen radikalen oder militanten Fanatikern, dabei bedeutet Ultra im Grunde nur best- oder höchstmöglich. Und das genau ist unser Anspruch, der bestmögliche Support für den Verein!

In Frankfurt wird ja jetzt ein neues Stadion kommen. Was wäre denn für euch die optimalste Lösung?

Sascha: Ein reines Fußballstadion mit einer zweistöckigen Tribüne hinterm Tor, wo man unten den gesamten G-Block und die Jungen ansiedeln würde und oben die Ultras Frankfurt. Dann würdest du nämlich einen Wahnsinns Sound hervorzaubern.

Jens: Ich brauche keine Lösung wie in Dortmund, wo sie die Gästefans irgendwo an den Rand geklatscht haben oder wie in Stuttgart, wo der Gästeblock wie ein Käfig aufgemacht ist. Ich will im Stadion was sehen und einen bezahlbaren Platz.

Daniel: Natürlich wäre es optimal, wenn wir auch im Oberrang Stehplätze hätten, aber wir sind schon ganz froh, dass es die zugesagten 8 - 10.000 geben wird, damit die Jungen auch noch ihren Platz haben.

Die Ultras wurden und werden ja von einigen Leuten kritisch gesehen, weil man den Eindruck haben konnte, dass bei euch auch einige Rechte mitlaufen und man nicht so genau wußte, ob die gesamten Ultras sich womöglich diesem Ding anschließen. Die Frage ist, seht ihr das auch als ein Problem an? Haben Rechte, Faschos im Stadion für euch eine Relevanz und wie geht ihr damit um?

Sascha: Wenn irgendwelche rechte Tendenzen da sein sollten, dann sind die von irgendwelchen einzelnen Leuten da, sind aber überhaupt nicht für die gesamte Gruppe aussagefähig. Bei uns sind Rechte dabei, bei uns sind Linke dabei, Deutsche und Nicht-Deutsche und trotzdem verstehen wir uns untereinander.

Bei uns ist vieles Provokation. Das kritisierte St.Pauli-Transparent war genau sowas. Ich habe zum Beispiel die Pullis gemacht mit dem Che Guevara-Konterfei und dem Spruch Schwarz-Rote-Armee Fraktion. Ich finde das einfach geil, dann zu sehen, wie die Leute darauf reagieren, die zu provozieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

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