Offizielle Website von
 

Fan geht vor


1. Frankfurter Allgemeine Fanzeitung
- monatlich, kritisch, überparteilich, unabhängig, informativ, unterhaltend -
 
 

Ausgewählte Beiträge

Ein Jahr im Unterhaus – und seine Folgen. Wie plant man ohne Geld eine erstklassige Zukunft?

Ausgewählte Beiträge >>

(sm) ... Die spannenden Fragen ranken sich bereits um die Zukunft, darum, wie sich Eintracht Frankfurt in der ersten Liga aufzustellen gedenkt.

Im Zentrum stehen dabei - wieder einmal - die Finanzen. Das Eigenkapital ist nach einem Jahr zweite Liga praktisch aufgebraucht, die notwendigen sportlichen Verstärkungen können aus keinerlei Rücklagen finanziert werden. Durch den Aufstieg wird zudem das "altbekannte" Problem der zu hohen Stadionmiete wieder akut. Eintracht Frankfurt kehrt zwar immer noch weitgehend schuldenfrei ins Fußball-Oberhaus zurück (nur für das alte ISPR-Darlehen aus 1999 wird in der kommenden Saison letztmals eine Zahlung fällig), kann aber aus eigener Kraft nur einen relativ geringen Erstliga-Etat stemmen. Dass ein Aufsteiger im ersten Jahr seiner wiedergewonnenen Erstligazugehörigkeit im Wesentlichen "nur" einen möglichst nervenschonenden Klassenerhalt anstrebt (der, wie gerade Hertha BSC beweist, auch für einen langjährigen Erstligisten und souveränen Wiederaufsteiger keine Selbstverständlichkeit ist), dürfte hinlänglich bekannt sein und wird auch in Frankfurt akzeptiert. Gleichwohl sind mittelfristig die Ansprüche höher.

Nach dem letzten Aufstieg 2005 folgte eine wunderbare Pokalsaison, die uns bis ins Endspiel nach Berlin und damit letztlich in den UEFA-Pokal der Spielzeit 2006/07 brachte. Das dabei generierte Geld wurde später in allerlei Hoffnungsträger investiert (Caio, Fenin, Bellaid, Korkmaz usw.), die jedoch - zurückhaltend formuliert - den Erwartungen insgesamt nicht gerecht wurden. Ansonsten herrschte in jenen Jahren im Wesentlichen die Doktrin, dass die Liga letztlich zementiert sei und die sportliche Tabelle mehr oder weniger exakt das Ranking der TV-Gelder widerspiegele. Auch mit einigen Platzierungen im grauen Mittelmaß der Liga könne und werde man peu a peu in der Fernsehgeld-Tabelle etwas klettern, und irgendwann würden dann die anderen verschuldeten Klubs schon an einem vorbeitreiben. Eine Strategie, die spätestens mit der "Rückrunde der Schande" in der ersten Jahreshälfte 2011 krachend zusammenbrach.

Der Abstieg führte zu erheblichen Umwälzungen im Gesamtgefüge Eintracht Frankfurt, deren Folgen auch heute noch nicht vollends absehbar sind. Die faktische Alleinherrschaft Heribert Bruchhagens wurde beendet, die Stelle eines vom Vorstandsvorsitz getrennten Sportdirektors geschaffen und mit Bruno Hübner besetzt. Ab der kommenden Spielzeit wird Axel Hellmann in den Vorstand der Eintracht Frankfurt Fußball AG aufrücken und dort Thomas Pröckl ablösen, der seit Octagon-Zeiten den Posten des Finanzvorstands bekleidete.

Der somit runderneuerten Führung kommt nun die gewiss nicht leichte Aufgabe zu, Konzepte und Strategien zu entwickeln und umzusetzen, wie Eintracht Frankfurt möglichst bald und nachhaltig in die obere Tabellenhälfte der Bundesliga zurückführen kann.

Anzusetzen wird dabei einerseits bei der finanziellen Ausstattung (das Problem der Stadionmiete muss mittel- oder langfristig gelöst, aber auch ein neuer Hauptsponsor muss gefunden werden usw.); andererseits aber auch und vor allem bei den sportlichen Aspekten sein.

Angesichts der auf jeden Fall zunächst beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten muss auch und gerade dem sportlichen Konzept besondere Sorgfalt gewidmet werden. Der Fußball - auch und gerade in der Bundesliga - hat in den letzten Jahren mehrfach gezeigt, dass nicht nur teure Stars Erfolg versprechen. Sondern dass junge, laufstarke Kollektive, unter Anleitung eines taktisch und psychologisch geschulten Trainers, auch ohne Superstars ihre Ziele erreichen können - egal ob diese, wie bei Klopps Dortmundern, Meisterschaft heißen oder bei Streichs Freiburgern schlicht Klassenerhalt.

Es wird spannend werden, zu sehen, welchen sportlichen Weg Eintracht Frankfurt als künftiger Erstligist insoweit einschlagen möchte. Die Neuverpflichtungen werden da schon mehr als bloße Fingerzeige geben (wobei der Transfer von Stefan Aigner von 1860 München durchaus in die richtige Richtung zu gehen scheint). Und es erscheint absehbar, dass ein solcher Weg in Frankfurt und im Eintracht-Umfeld auf weit größere Zustimmung und Akzeptanz stoßen würde als eine bloße Neuauflage der Strategie, "gestandene Erstligaspieler" wie Gekas oder Altintop zu holen. Vor allem, wenn die - für ein solches Konzept unabdingbare - Einbindung des Nachwuchs-Leistungszentrums neu geordnet wird…

"anonymes" Geschwätz

aus dem Aufsichtsrat

Es mag sein, dass man hinter den Kulissen bzw. in den Gremien durchaus kontrovers über die künftige inhaltliche und/oder personelle Ausrichtung von Eintracht Frankfurt diskutiert. So lange dies konstruktiv und intern geschieht, ist dagegen nicht nur nichts einzuwenden, vielmehr sind solche Auseinandersetzungen durchaus sinnvoll und können fruchtbar sein.

Jener seltsame Zeitgenosse aber, der sich an die Bild-Zeitung wendet, um als Aufsichtsrat aus einer vermeintlich "anonymen Deckung" heraus eine Kritik an Peter Fischer zu formulieren, sollte sich und sein Verhalten hingegen tunlichst hinterfragen. Zumal den kolportierten Äußerungen dieses vermeintlich anonymen Aufsichtsrats weniger sachliche Kritik als eher verletzte Eitelkeit zu entnehmen war. Und egal wie man zu Fischer und seinen Äußerungen zur Stadionmiete und/oder zu seinen Ansichten über Axel Hellmann und dessen Aufagben steht: Der Eintracht-Präsident hat dies alles in einem offiziellen Pressetermin vor Journalisten aller Medien von sich gegeben - so dass die vermeintliche Retourkutsche ("damit Fischer mal sieht, wie das ist, wenn man aus der anonymen Deckung angegriffen wird") auch inhaltlich nicht nachvollziehbar ist.

Eintracht Frankfurt benötigt derzeit gewiss keine öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten oder Machtkämpfe hinter den Kulissen. Sollte sich der gegenüber der Bild-Zeitung so auskunftsfreudige Aufsichtsrat nicht wieder beruhigen und den Begriff "Eintracht" etwas besser verinnerlichen, so wird er zum Problem - dessen sich am besten die Hauptversammlung der Aktionäre annehmen sollte, welche ja den Aufsichtsrat zu wählen hat…

Bewegung in der Fanszene

Vielleicht können sich die Herren Räte insoweit ja auch mal ein Beispiel an der Eintracht-Fanszene nehmen: Diese ist nämlich im Laufe dieser Zweitligasaison und vor allem in den letzten Monaten zweifellos zusammen gerückt.

Aus Fansicht verlief die Spielzeit im Unterhaus weit besser und angenehmer als vor einem Jahr befürchtet. Die Saison wird vielen in guter Erinnerung bleiben, sieht man einmal von ihrem Anlass (dem immer noch unfassbaren Abstieg nach der "Rückrunde der Schande") ab. So brachte das einjährige Gastspiel in dieser Liga nicht nur - was noch vor kurzem undenkbar schien - das "echte" Stadttderby zwischen den ersten Mannschaften der Eintracht und des FSV, natürlich mit zwei standesgemäßen Siegen über die Bornheimer, sondern auch die Premiere des "Nordwestkurve-Express", der von den Ultras angemieteten Sonderzüge nach Cottbus, Dresden und St. Pauli. Ein unvergesslicher Höhepunkt war sicherlich das "verbotene" Auswärtsspiel bei Union Berlin, welches dank der ungebrochenen Reiselust des Eintrachtanhangs und der Gastfreundschaft der Eisernen zu einer beeindruckenden Demonstration gegen Willkür und Kollektivstrafen der DFB-Gerichtsbarkeit mutierte. Ebenfalls lange in Erinnerung bleiben wird auch das Heimspiel gegen Aue, das den gefühlten Aufstieg brachte und von der Atmosphäre her Erinnerungen an die stimmungstechnisch glorreichen Zeiten nach dem letzten Aufstieg weckte.

Einen großen Anteil daran haben die Ultras Frankfurt, die nicht nur durch die Sonderzüge einen Schritt auf die restliche Fanszene zugegangen sind. Auch die Gründung der Initiative des Nordwestkurve e.V. bzw. des Nordwestkurven-Rats war ein sinnvoller, wenn nicht gar notwendiger Schritt hin zu einer besseren Kommunikation und Zusammenarbeit der verschiedenen Teile der Fanszene. Auch der Fanbeirat (die regelmäßigen Zusammenkünfte der Fangruppen mit den Institutionen der AG), der lange nicht mehr gemeinsam getagt hatte, konnte in dieser Stimmung wieder belebt werden - und sollte künftig wieder einen wichtigen Beitrag zum letztlich unverzichtbaren Dialog zwischen Fanszene und AG leisten können.

Und einen ersten ebenso großen wie sichtbaren Erfolg kann dieses Zusammenwachsen der Fanszene auch schon aufweisen: auf Initiative des Nordwestkurven-Rats hatten sich alle wichtigen Fanorganisationen bei der Eintracht (FuFA, FSG, UF und eben NWK-Rat) getroffen und einen gemeinsamen Brief an Eintracht Frankfurt und den Karlsruher SC verfasst - was letztlich zur Erweiterung des Gästekontingents am letzten Spieltag im Wildparkstadion führte.

Und just bei diesem Spiel wird sich Eintracht Frankfurt nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder aus der Zweiten Liga verabschieden - und aufmachen in eine hoffentlich bessere Zukunft, von der man später vielleicht erzählen wird, sie habe mit den tiefgreifenden Umwälzungen nach dem dämlichsten und unfassbarsten Abstieg der Vereinsgeschichte begonnen…

zurück
 
Fan geht vor is sponsored and powered by fantasticweb new media GmbH.