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Die großen Spiele, Teil XX: Höchster internationaler Auswärts-Erfolg – 6:0 bei Dynamo Moskau 1993

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(rg) Mit 13:1 Punkten startete die Eintracht in die Saison 1993/94 und führte die Tabellen-Spitze klar an - ein Resultat der Einkaufspolitik vor Saisonbeginn, als man zu dem Starensemble noch Gaudino und Furtok verpflichtete. Ein Siegeszug, bis es bei der 3:5-Niederlage im DFB-Pokal in Freiburg den ersten Dämpfer gab. Mit "einem Dämpfer zum richtigen Zeitpunkt" versuchte man vor dem Start in die Europapokal-Saison dem Pokal-Aus wenigstens etwas Positives abzugewinnen und sollte recht behalten. Unter ganz anderen Vorzeichen startete der Kontrahent Dynamo Moskau in die Saison. Sechs Leistungsträger folgten dem Ruf des Geldes ins europäische Ausland, weitere fünf Stammspieler sollten beim Hinspiel in Russlands Hauptstadt verletzungsbedingt fehlen. Trotzdem versuchten die Männer um Superstar Igor Dobrowolsk,i in dieser Saison dem Lokalrivalen Spartak den Rang abzulaufen und belegten in der Liga immerhin Platz 3. Völlig locker bereitete sich unser Team auch auf diese Begegnung vor. So wurde auf das übliche Abschlusstraining am Spieltag im Stadion verzichtet, und man tat es anstatt dessen den mitgereisten 300 Fans gleich: Bei einer Sightseeing-Tour nahm man sich den Roten Platz, die Basilius-Basilika, das Lenin Mausoleum und Kreml vor und machte die Köpfe frei für ein Spiel, das die 14.000 Augenzeugen im Zentral-Stadion noch lange in Erinnerung behalten sollten.


Nach dem kulturellen Ausflug entschloss sich der Frankfurter Trainer zu einer vorsichtigen Sichtweise der Dinge. Er gab in der Startaufstellung dem defensiv orientierten Mirko Dickhaut gegenüber Augustine Okocha, dessen Qualitäten mehr im Angriff liegen, den Vorzug. "Das hier ist ein Auswärtsspiel, und deshalb wollen wir erst einmal sehen, was Dynamo macht", sagte Topmöller zur Begründung. Was machte Dynamo? Die Moskauer begannen stürmisch und kamen in der 3. Minute nach einer Ecke zu einer Chance, die Telejew vergab. Dann freilich zeigte sich, dass der Eintracht die unkonventionelle Vorbereitung und die Aufstellung gut getan haben.

Dickhaut spielte vor der Abwehr, in der Bindewald den gesperrten Zchadadse vertrat, den defensiven Part im Mittelfeld. Jeden gewonnenen Zweikampf in der Abwehr setzten die Frankfurter umgehend in einen sehenswerten Angriff um. Den ersten schon nutzte Gaudino zum 0:1 in der 8. Minute.

Dynamo kam den Frankfurtern mit einer riskanten Spielweise entgegen. Nach eigenen Angriffen blieben meist drei, vier Spieler weit vorne stehen und überließen den Kollegen die Arbeit im Mittelfeld. Weil auch die aber den Schaltvorgang von vorne nach hinten nur mit einiger Verzögerung beherrschten, kamen die Frankfurter in schöner Regelmäßigkeit gefährlich vor das Moskauer Tor. Zunächst scheiterte Furtok, als ein Rückpass von der Außenlinie keinen geeigneten Abnehmer fand, dann war es wenig später noch einmal der Pole, der in vielversprechender Position nicht weiter wusste.

Furtoks dritter Versuch brachte dann mehr Erfolg. Der Pole setzte sich auf dem linken Flügel gegen zwei Gegner durch und erzwang mit großem Einsatz einen Eckball, den ersten für die Eintracht nach 25 Minuten. Bein trat den Ball in den Strafraum, wo Weber ihn mit Kopf und Wucht ins Tor beförderte. Die haushohe spielerische Überlegenheit der Frankfurter, die in Bein und Gaudino zwei erstklassige Antreiber hatten, ließ Dynamo nicht viel übrig vom Spiel. Telejew brachte nach einer halben Stunde wenigstens noch einen Schuss zustande, der Stein zu einer sehenswerten Parade zwang. Mehr gab es nicht bis zur Pause, was die Zuschauer bei sechs Grad hätte erwärmen können. Immerhin, sie sahen noch ein weiteres Tor in der ersten Halbzeit, wenn auch vom Gegner.

Wieder war es ein Eckball und wieder war es Bein, der ihn ausführte. Der Ball fiel Furtok im Strafraum zu, wo er keinerlei Mühe hatte, ihn locker und lässig über die Linie zu schieben.

Nach dem Wechsel dauerte es nur zwei Minuten, bis Bein nach einem Pass von Furtok das 4:0 erzielte. Danach war die Arbeit getan und das Vergnügen konnte beginnen. Es war nun ein besseres Trainingsspiel, in dem es sich Topmöller nach 63 Minuten sogar leisten konnte, Nationalspieler Bein gegen Okocha auszuwechseln. Dynamo war kein Gegner, der Beins weiteres Mitwirken erforderlich gemacht hätte. Während die Zuschauer in Scharen nach Hause gingen, war die Eintracht nun vor allem bemüht, größeren Anstrengungen und Verletzungen aus dem Wege zu gehen. Okocha zeigte noch ein paar kleine Kunststücke und schoss das Tor zum 5:0. Da wollte auch Yeboah nicht zurück stehen. Er machte mit einem harten Schuss kurz vor Ende das halbe Dutzend voll.

Die Zuschauer, die bis zum Ende ausharrten, hatten längst das Lager gewechselt und feuerten die Eintracht an.

Standing Ovations bei Kabinengang für unser Team.

Die mitgereisten Eintracht-Fans feierten ihr Team nicht nur im Stadion frenetisch sondern machten anschließend Im Hotel Rossia am Roten Platz die Nacht zum Tage. Die lokale Presse hingegen ging hart ins Gericht mit dem Dynamo-Team und sprach von der "größten Schmach des russischen Fußballs aller Zeiten". Moskaus Trainer Gassajew zog unmittelbar nach Abpfiff die Konsequenzen aus diesem Debakel und trat von seinem Amt zurück.

In seiner Stellungnahme nach Spielende betonte Trainer Topmöller, dass Dynamo unter Wert geschlagen wurde, um nicht in die Favoritenrolle für den weiteren Verlauf des Wettbewerbs gedrängt zu werden.

Nicht wieder zu erkennen waren beide Mannschaften beim Rückspiel in Frankfurt. Die Zuschauer trauten ihren Augen nicht, als die Russen nach einer Stunde 2:0 führten, bevor Furtok wenig später den Endstand herstellen konnte.

Auch die nächsten beiden Hürden in diesem Wettbewerb (Dnjepr Dnjepropetrovsk, Deportivo La Coruna) konnte die Eintracht nehmen, bevor man gegen Casino Salzburg im Viertelfinale ausschied.

In der Meisterschaft konnte nach einem Leistungseinbruch die Teilnahme am UEFA-Cup-Wettbewerb der nächsten Saison am letzten Spieltag gerade noch gesichert werden.

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