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Die Furcht vor der Gewalt - „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert“

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(jh) Vor Beginn der neuen Saison dominierte abseits der sportlichen Meldungen vor allem ein Thema die Fußballmedien in Bezug auf die Eintracht und die 2. Liga: Die Gewalt durch Randalierer, i.d.R. als Hooligans "katalogisiert". In der neuen Runde im Fußball-Unterhaus treffen so viele Klubs aufeinander, die "Problemfans" im Schlepptau haben, wie selten zuvor. Gerade die Vereine aus dem Osten Deutschlands leiden unter den "Freunden der 3. Halbzeit", unter denen zu allem Überfluss auch noch nicht wenige ausländerfeindliche Gestalten unterwegs sind. Entsprechend froh waren nicht wenige Frankfurter Fußballfreunde, dass sich solche Klubs lange Zeit in der Unterklassigkeit aufgehalten haben, mit der die Eintracht bis zum Sommer ein paar Jahre nicht zu tun hatte. Aber auch die Eintracht wird nun allgemein als problematisch eingestuft. Sie steht kurz vor einem kompletten Geisterspiel.

Schlechter Ruf

Als "der Übeltäterverein" aus der 1. Bundesliga abgestempelt, bei dem sich einige Anhänger selbst in der Öffentlichkeit als "Deutscher Randalemeister" feiern (angebliche Ironie hin oder her), sind die Frankfurter inzwischen nicht mehr sonderlich willkommen. Als der Hallesche FC im Umkreis von 300 km auf der Suche nach einem geeigneten Austragungsort für sein Pokalspiel gegen die Eintracht war, handelte sich dieser eine Absage nach der anderen ein. Ein derartiges Sicherheitsproblem, bei dem die nun verschrienen Frankfurter Anhänger auf die "Ostschläger" der Allianz Hallescher FC / Lok Leipzig / Rot Weiß Erfurt treffen, wollte niemand in seiner Stadt haben.

Die Spiele in Mainz (Stockwurf) und Dortmund standen kurz vor dem Abbruch. Gegen Köln stürmten über 100 Anhänger in den Innenraum.

In Verhandlungen mit dem DFB konnte die Eintracht AG im Sommer ein vom DFB beabsichtigtes komplettes Geisterspiel noch abwenden und erreichte, dass es beim ersten Heimspiel "nur" einen Teilausschluss der Zuschauer geben würde. Berücksichtigt wurden in dem Strafmaß insgesamt acht Vorfälle aus den letzten acht Spielen, dabei mehrere Fälle, bei denen Wurfgeschosse von Sitzplätzen kamen. Eine weitere Folge ist, dass inzwischen die Schiedsrichter laut Einschätzung der Eintracht AG immer kleinlicher gegen die Eintracht pfeifen.

Nach den bereits in der letzten Ausgabe angesprochenen Vorkommnissen nach dem Mainz-Spiel am Stadion in Frankfurt, nach dem Köln-Spiel und während dem Dortmund-Spiel war die - alleine schon durch die regelmäßigen Aktionen mit dem Zünden pyrotechnischer Artikel bei Auswärtsspielen - schwer vorbelastete Eintracht immer mehr unter Druck geraten, gegenüber den eigenen Anhängern zu reagieren. Was manche Anhänger nicht wahrhaben wollen ist, dass die Eintracht bei DFL/DFB im "Verruf" steht, zu lasch mit den Vorkommnissen umzugehen und sich vor die Fans zu stellen. Aus der Fankurve, in erster Linie von den Ultras Frankfurt, kommt hingegen der Vorwurf, die Eintracht würde sich nicht vor die Fans stellen, sondern sie im Stich lassen, wenn es darum geht Vorfälle aufzuarbeiten, bei den das Verhalten von Sicherheitskräften kritisch zu hinterfragen ist - und zwar gemessen an abgegebenen öffentlichen Erklärungen.

Beim Stichwort "Schlechter Ruf" darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass bei anderen randalebereiten Fangruppen ein Interesse bestehen kann, sich mit dem "Randalemeister" zu messen…

Unbewegliche Fronten

Um die ganze Thematik zu beleuchten, ist es gar nicht notwendig, einen großen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Es gab natürlich Verfehlungen seitens des Anhangs, bei dem eine nicht gerade kleine Gruppe der Größenordnung 100 bis 300 Personen der Meinung ist, dass "Gewalt dazu gehört", weshalb diese immer wieder in der Konfrontation mit Gleichgesinnten aus Karlsruhe, Kaiserslautern und wem auch immer befinden, weil es irgendeinen historischen Vorfall gab oder man sich "sowieso nicht leiden kann"... Und genauso gibt es immer wieder Vorfälle mit Sicherheitskräften von Gewaltübergriffen einzelner Polizisten und Ordner über repressive Maßnahmen wie der Gewahrsam-nahme großer Gruppen ohne vorherige Vorfälle mit der Folge, nichts ins Stadion zu kommen, bis hin zum unangemessenen Schusswaffeneinsatz überforderter Beamter.

Ein großes Problem sind verhärtete Fronten, haben doch die Ultras Frankfurt vor Beginn dieser Saison Einladungen der Polizei zu Gesprächen nicht angenommen. Wundern muss man sich darüber nicht, wenn Vorfälle seitens der Polizei grundsätzlich als verursacht durch die Anhänger der Presse gemeldet zu werden scheinen, aber kein differenziertes Bild abgeben wird. Nicht erwähnt werden Konfliktsituationen, die durch nicht durchdachte Taktik der Polizei erst verursacht werden; banale Repressionen der Art, dass Anhänger keine Toiletten aufsuchen dürfen oder sich nach stundenlangen Fahrten keinen Proviant besorgen dürfen; die Anonymität von Gewalttätern in den Polizeireihen (offenbar gerade bei der Bereitschaftspolizei), die bei Vergehen ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, sich zu identifizieren, weil sie dienstrechtliche Konsequenzen für sich verhindern wollen; oder auch zugesagte Untersuchungen über in die Kritik geratene Polizeimaßnahmen, zu denen schließlich nie ein Ergebnis mitgeteilt wird (Stichwort Bremen; Verbesserungen wurden aber immerhin auch dort erreicht). Als ob offiziell nie ein Zweifel daran bestehen darf, dass sich die Polizei immer korrekt verhalten hätte - während die Fußballanhänger immer als die bösen Buben dastehen - ob sie nun komplett, zum Teil oder gar nicht verantwortlich für ein Vorkommnis sind.

Etwas dazwischen steht auch die Eintracht, die sich nicht erlauben will, offiziell Missstände bei der Polizei anzuprangern, da sie mit dieser gut zusammen arbeiten muss, um den normalen Fußballalltag mit Publikum bewältigen zu können. Sehr wohl kann die Eintracht AG versuchen, bei der eignen Security-Tochter, den Ordnern, schwarze Schafe auszusortieren. Dass sie dem nachkommt, darf sehr wohl angenommen werden, stößt man doch bei der Eintracht bei entsprechenden Konflikten nicht auf taube Ohren, sondern ein verantwortungsvolles Auseinandersetzen mit Konsequenzen für das Personal.

Die Fronten zwischen Polizei und Anhängern ist eine zentrale Schwierigkeit und eigentlich der Schlüssel, um im Gespräch zwischen den Fronten voran zu kommen und Verbesserungen zu erreichen. Solange sich aber eine Seite verleugnet, solange wird die Kommunikation stocken, solange wird man eher auf der Stelle treten und Gewaltprobleme weiter mit sich herumschleppen. Und ggf. auch noch die Fronten weiter verhärten...

Frankfurter Selbstverständlichkeiten

Die Eintracht hat in einem ersten Schritt eine Liste von Selbstverständlichkeiten veröffentlicht, die Eintracht-Anhänger zu beachten hätten - allesamt so etwas wie übliche Benimmregeln, die eigentlich nicht extra betont werden müssten und für jedermann eben selbstverständlich sein sollten bzw. alleine schon durch Gesetzte vorgegeben sind. Hier nun die komplette Erklärung des AG-Vorstands vom 19. Juli:

Das Verhalten eines Teils der traditionsreichen Fanszene von Eintracht Frankfurt gab in den vergangenen Monaten seit längerem Anlass zur Sorge. Die Grenzen des Rechts sind klarer und häufiger überschritten worden als in den vielen Jahren zuvor, von den Grenzen des guten Geschmacks ganz zu schweigen.

Der negative Trend gipfelte insbesondere in den Vorfällen rund um die letzten Spiele der vergangenen Rückrunde und fand seinen Höhepunkt in den Szenen, die sich am 07. Mai nach dem Heimspiel gegen Köln zutrugen.

Die Aufarbeitung des Zurückliegenden ist noch lange nicht abgeschlossen. Bisher sind über 50 polizeiliche Ermittlungsverfahren anhängig. In mindestens noch einmal derselben Anzahl dürfte mit weiteren Ermittlungsverfahren gerechnet werden. Hinzu kommen zahlreiche Ordnungswidrigkeiten- bzw. Bußgeldverfahren für das Betreten des Innenraums unmittelbar nach dem Ende des Spiels gegen Köln.

Auf dem Spiel steht nicht weniger als der Ruf von Eintracht Frankfurt und der Ruf der gesamten Fanszene. Die Schäden sind zum Teil schon spürbar. Wirtschaftlich, atmosphärisch und imagemäßig und letztlich auch sportlich, da Eintracht Frankfurt nicht nur beim ersten Heimspiel sicher mehr als 14.000 Fans im Stadion gehabt hätte, sondern Eintracht Frankfurt sich permanent viel zu sehr mit sich und eben diesen fortwährenden eigenen Problemen beschäftigen muss, anstatt sich auf den Wettbewerb zu konzentrieren, um den es eigentlich geht.

Es ist an der Zeit für eine klaren Schnitt. Eintracht Frankfurt zieht einen Schlussstrich, schaut nach vorne und fängt bei einer Art Nullpunkt an. Der beigefügte Katalog definiert, was zukünftig von dem Verhalten der Fans und Anhänger von Eintracht Frankfurt erwartet wird, von jedem einzelnen und von jeder Gruppe, da letztlich niemand anderes als der Verein für das Verhalten materiell und immateriell haften muss.

Es ist eine Liste von Selbstverständlichkeiten. Ihre Beachtung sollte für keinen Fan ein Problem darstellen und könnte doch Großes bewirken. Die Liste ist der kleinste gemeinsame Nenner und gleichzeitig die größte gemeinsame Chance, wieder auf den richtigen Weg zu finden, der diesem Verein zur Ehre gereicht.


Eintracht Frankfurt Fußball AG

Der Vorstand am 19. Juli 2011

Die "Liste der Selbstverständlichkeiten" der Eintracht im Wortlaut

1) Keine Gewalt gegen Personen oder Sachen - weder im Stadion, noch im Stadionumfeld, noch auf der An- oder Abreise, weder bei Heim-, noch bei Auswärtsspielen.

2) Keine Pyrotechnik - weder im Stadion, noch im Stadionumfeld, weder bei Heim- noch bei Auswärtsspielen.

3) Keine Angriffe auf gegnerische Fangruppierungen und deren Einrichtungen.

4) Kein Stehlen von Bannern, Fahnen oder andere Fanutensilien gegnerischer Fans und Fangruppierungen.

5) Keine Gewalt beinhaltende oder verherrlichende Banner oder Spruchbänder.

6) Kein Werfen von Gegenständen gleich welcher Art auf das Spielfeld, insbesondere nicht in Richtung von Spielern oder Offiziellen.

7) Zuverlässige Einhaltung von Absprachen einzelner Gruppen, die mit Eintracht Frankfurt oder dem Stadionbetreiber getroffen wurden.

8) Zentrale Anmeldung von Fanutensilien (bei Auswärtsspielen), Spruchbändern und sonstigen Choreographien über die Fanbetreuung. Gewalt oder Straftaten darstellende oder verherrlichende Inhalte werden nicht zugelassen. Auch alle anderen Sonderaktionen (Verteilung von Flyern, Spenden- oder Sammelaktionen etc.) auf dem Stadiongelände sind genehmigungspflichtig.

Die Eintracht betonte extra, dass es sich dabei um kein Verhandlungsangebot halten würde, das einer Zustimmung oder Erklärung bedürfe, sondern eine einseitige Vorgabe handeln würde. Weiter heißt es:

Insbesondere organisierte Verstöße können grundsätzlich den Verlust von gewährten Privilegien nach sich ziehen. Jeder Fall wird einzeln und sorgfältig geprüft und durch ein Gremium, bestehend aus den Abteilungen Recht, Sicherheit und Fanbetreuung, bewertet. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dabei oberste Priorität eingeräumt. Die Schwere eines Verstoßes sowie die Häufigkeit und Regelmäßigkeit werden maßgeblich in die Bewertung und die Festlegung der Sanktion mit einbezogen. Die Maßnahmen können zeitlich begrenzt oder - je nach Art und Umfang des Verstoßes - dauerhaft ausgerichtet sein. Der erarbeitete Sanktionsvorschlag wird dem Vorstand zur abschließenden Entscheidung vorgelegt.

Was ist diese Erklärung wert? Lassen sich Personen, die regelmäßig an Gewalt mit Gleichgesinnten interessiert sind, davon abhalten? Oder haben diese wohl eher nur ein müdes Lächeln für die "Selbstverständlichkeiten" übrig? Oder lassen sie sich von der Ankündigung der Sanktionen beeinflussen?

Die Gruppe der Gewaltbereiten sollte mitbekommen haben, wie sehr gerade fanszeneintern die Ablehnung ihnen gegenüber ist. Die Fanclubs haben klar gemacht, wie sehr sie "die Schnauze voll haben". Sie wollen sich ihre Eintracht, ihr Fandasein nicht von den Gewaltsuchenden kaputt machen lassen. Und unter ihnen zu leiden haben die Fans ohne Frage: weil sie nach genug Vorfällen immer mehr unter Repressionen zu leiden haben; weil sie zum Teil beim ersten Heimspiel gegen St. Pauli ausgesperrt wurden oder auf andere Plätze mussten; weil sie beim Pokalspiel in Halle ausgesperrt wurden; weil sie selbst für den schlechten Ruf mitverantwortlich gemacht, vorverurteilt werden, genauso "asozial" und randalierend zu sein; weil... weil... weil...

Und dann sollten sich die Randalierer fragen. Ist es wirklich so "geil", für all die anderen das "Arschloch" zu sein? "Ja", werden mit Sicherheit einige der Angesprochenen meinen, sollten Sie diese Frage zuvor gelesen haben. Für diese Leute geht es dann aber darum, ihr "Event" durchzuziehen, sich den persönlichen Kick zu holen. Die Konsequenzen, der Schaden in Form von Geld und Image der Eintracht und ihrer Fans, spielt für diese dabei nur eine nachgelagerte Rolle. Dass der Eintracht bei einem Negativimage Sponsoren abspringen und durch Geldstrafen und Einbußen bei Sperren im Stadion (ca. 500.000 EUR wurden beim Pauli-Spiel genannt) entstehen, wodurch wiederum Geld fehlt, um einen weiteren benötigten guten Spieler kaufen zu können oder einen anderen vielleicht nicht verkaufen zu müssen, scheint egal, wenn das eigene Ego so oder so bedient werden kann. So erklärt sich auch der Zusammenhang, wenn Heribert Bruchhagen in der Presse von einer Jugendkultur spricht, die "Lust am Untergang" hätte.

Provokationen widerstehen

Es ist schon eine Anmaßung, wie sich der Hallesche FC hinsichtlich des Austragungsortes für das DFB-Pokalspiel gegen die Eintracht entscheiden hat. Vordergründig wollte man finanzielle Verluste vermeiden und Ärger mit den Fanlagern aus dem Weg gehen, und wählte einen örtlichen Ausweichplatz, auf den gerade mal 3.000 Zuschauer passen. Bei nur 300 Karten für Gästeanhänger heißt das in der Konsequenz nicht anderes, dass sich Halle dafür entschieden hat, den Eintracht-Anhang für ein zweites Spiel innerhalb von einer Woche auszusperren.

So ein reisefreudiger Anhang wie die Eintracht-Fans lassen aus einer Erstrundenbegegnung in DFB-Pokal ein Fest werden - man erinnere sich an letztes Jahr in Wilhelmshaven, wo ein eigenes Zeltlager entstand, das mit einer Party seinen Höhepunkt fand. Auch wenn die Bedingungen in Halle vor dem Hintergrund feindlich gesinnter Hooligans aus Halle, Leipzig und Erfurt selbstverständlich nicht einmal ansatzweise eine ähnliche Stimmung hätte entstehen lassen können.

Die Eintracht bot aus der Not heraus an, für Busse mit Fans als Kolonne für die 300 ausgewählten Immer-Fahrer einzusetzen. Eintrittskarten konnten nur mit der Busfahrkarte erworben werden.

Vollkommen voraussehbar, wie die Ultras Frankfurt (UF) konterten. Selbst der Bezug war klar. Basierend auf den Film "300", in dem sich wenige Spartaner einer Übermacht an Kriegern in den Weg stellen, verkündete die UF dass "300 + x" nach Halle fahren würden, ob mit oder ohne Karte. Wahrlich keine Überraschung - und dass man die x Fans ohne Karte außerhalb des Stadions schlechter polizeilich "in Schach gehalten werden können" - erst recht, wenn die regionale Hooligan-Konkurrenz anreist - dürfte eigentlich auch vorher klar gewesen sein. Der Hallesche FC hat eine vollkommen überflüssige Konfliktsituation herbeigeführt, bei der einem nur einfallen konnte, dass man sich an dem Tag bloß weiträumig von Halle entfernt aufhalten sollte.

Für zusätzlichen Ärger sorgten scheinbare Anhänger aus Halle, die die gerade erst schmuck mit Eintracht-Graffiti-Motiven besprühte Bahnunterführung vor der Wintersporthalle mit Parolen beschmutzen (u.a. mit dem Spruch "Wahnsinn? Das ist Halle!", ein abgewandeltes und in dieser Konstellation sinnloses Zitat aus "300") - noch bevor die UF ihre (genehmigten) Kunstwerke versiegelt hatte. Rettungs-Wiederherstellungsaktionen erreichen selten das ursprüngliche Ergebnis. Solche Angriffe schüren den Zorn. Wenn auf diese Provokationen "im Kampf" eingegangen wird, so hat sich der Gewaltstrudel ein weiteres Mal gedreht. Zu glauben, man könne sich solchen Provokationen einfach entziehen, scheint eher unrealistisch, vergegenwärtigt man sich, dass wir alle in einem emotionsgeladenen Sport zu Hause sin. Doch genau hier sollte man über so einem Angriff drüber stehen und den "Gegner" nicht durch mehr Aufmerksamkeit aufwerten. Leicht gesagt... doch eine extreme Einstellung, wonach die Ehre der eigenen Gruppe unbedingt verteidigt werden müsse, ist nicht immer hilfreich.

Vor dem Halle-Spiel war die Gewalt zwischen gegnerischen Anhängern ohne gültige Eintrittskarte eigentlich automatisch vorprogrammiert. Der Spruch "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich gänzlich ungeniert" wird nicht wenigen An-hängern im Kopf rumgeschwirrt sein…

Im Übrigen ist das Misstrauen der Eintracht-

Fans gegenüber den eigenen Unruhestiftern nicht gerade gering. So schrieb z.B. der Autor der Homepage eintrachtpower.de:

... Aber hier offenbart sich ein weiterer Schwachpunkt von Kodex und Strafenkatalog: Die Täter, die die Eintracht jagen will, müssen keine Eintrachtfans sein. Es können "nur" Schläger, Hooligans oder sogar Fans anderer Vereine sein. Das war auch möglich, aber nun wird die Gruppe dafür stärker bestraft. Spinnen wir den Gedanken weiter: Das Graffiti am Gleisdreieck am Waldstadion könnte von eigenen Hooligans übermalt worden sein, die sich sowieso nicht um die Eintracht scheren und nur auf Stress aus sind. Die Strafen vom Verein können ihnen später auch egal sein, solange sie nicht persönlich erwischt und haftbar gemacht werden. Am Ende leiden alle außer ihnen.

Sollte dieser Fakt, dass darüber geredet wird, nicht auch schon den Unruhestiftern zu denken geben? So weit sind wir schon...

Die ohne Ticket nach Halle gereisten Ultras sind erfreulicherweise nicht negativ im Sinne von Randale aufgefallen. Sie fuhren in mehreren Bussen in einen Ort in der Nähe und reisten zum Teil das letzte Stück per Zug an, wurden am Bahnhof in Halle dann von der Polizei aber festgesetzt. Nachdem sie sich das Spiel über Radio angehörten haben, wurden sie wieder in den Zug zu ihren Bussen gesetzt. Negativ aufgefallen sind "nur" ein paar Hallenser Anhänger.

Ironie als Hindernis für eine wahrheitsgetreue Berichterstattung in der Presse

Wer sich nur oberflächlich mit Fußballfans beschäftigt, nicht groß nachdenkt und auf Plakate stößt, in dem ein "Pfalzsturm" angekündigt ist, wo Blut strömt oder Krieger im Zusammenhang mit Fußballspielen dargestellt werden, dem muss Angst und Bange werden, welche Randale und Schlägereien bevorstehen würden. Und von Leuten, die sich sichtlich als "Deutscher Randalemeister" feiern, muss man ja Abstand halten. Tatsächlich sind solche Plakatierungen häufig mit Ironie versehen - selbst bei dem Randalemeister-Transparent soll Ironie im Spiel gewesen sein, wurde behauptet. Ob das nun bei letzterem so war, sei dahingestellt, doch bei den anderen "Ironie-Aktionen" muss man doch klar festhalten. Von außen, als jemand, der sich in den Fanwelten gar nicht oder nur wenig auskennt, kann man keine Ironie feststellen - man nimmt die "Bluttaten" ernst. Und so ist es kein Wunder, wenn in der Presse groß über derartige Aktionen berichtet wird. Selbst der "normale" Journalist erkennt nicht, dass da doch nur ein Späßchen im Gange sein soll. Der Mob rollt übrigens trotzdem und vermittelt mit der Masse eine bedrohliche Situation...

Wenn aber andere das alles gar nicht verstehen (können), dann könnte man darauf auch verzichten, um zu vermeiden, dass der Finger ein weiteres Male aufzeigt und die Gewalt-Schublade gezogen wird. Doch wo ist die Grenze zwischen kreativen Ideen zu gelungenen Aktionen und abzusehenden "Missverständnissen"..., wenn es denn noch solche sind...

"Selbstreinigung"

Offizielle klammern sich immer an die Selbstreinigung in der Fanszene. Die Fanclubs lehnen die Gewalt ganz deutlich ab; sie sind aber ohnmächtig, dagegen anzugehen. Sie können ihre Ablehnung höchstens noch deutlich zeigen. Eine Hilfe wäre es schon mal, würden Fans nicht an die Stellen gehen, wo es zur Rudelbildung in Erwartung des gegnerischen Anhangs kommt. Doch "Gaffen" scheint ja interessant zu sein...

Ultras Frankfurt-intern muss das Thema angegangen werden. Es muss ein Nachdenken geben, ob man wirklich diesen Weg gehen will, der vielen Leuten, denen die Eintracht wichtig ist, und der Eintracht natürlich selbst, vieles kaputt macht. Oder ob so ein Strudel, in dem die Fronten verhärten und Strafen mit neuen Gegenreaktionen alles immer weiter verschlechtert, nicht doch gestoppt werden sollte.

Eigentlich waren die Eintracht-Fans doch stolz, Eintracht-Fan zu sein. Bei dem derzeitigen Image fällt es schwer, dies so zu formulieren...

Nachtrag 1: Nach Fürth gab es eine weitere Pyroaktion der Frankfurter Anhänger im Block in Braunschweig. Dies wurde mit deutlichen Pfiffen eines Großteils der anwesenden Eintracht-Fans quittiert. Der DFB hat gegen die Eintracht neue Ermittlungen aufgenommen. Die Eintracht wiederum hat wenig überraschen gemäß ihrer Ankündigung reagiert und erklärt, für die drei folgenden Auswärtsspiele weder Anträge auf
Choreografien, noch Innenraumakkreditierungen für Video- oder Fotoaufnahmen (vom Eintracht-Block) zu unterstützten. Dadurch war auch keine Choreographie zum ersten Frankfurter Derby seit fast 50 Jahren möglich. Gegen die die Pyrotechnik abbrennenden Fans wird ermittelt. Die von der Eintracht zu zahlende Geldstrafe will man sich von den Tätern wiederholen.

Nachtrag 2: Bei einem Gedankenaustausch mit anderen Eintracht-Fangruppen am 15. August wurde deutlich, dass die Köpfe der Ultras Frankfurt hinter der Aussage "Niemals Böller, bis auf weiteres keine Pyro" stehen. Auch wenn man dies nicht öffentlich unterschreiben will, weil man Bedanken hat, dass bei neuen Vorfällen durch Mitläufer dies gegen sie verwenden könnte, möchte man die Aussage intern kommunizieren.

Resümee

Bei AG/DFB/Polizei/Security muss man sich mit der Sichtweise der anderen Seite auseinandersetzen, unangenehme Themen wie unangemessenes Verhalten von Sicherheitskräften anfassen (nicht ignorieren, als ob es keine Probleme geben würde) und darauf eingehen, um Fortschritte in der Kommunikation, in der Verbesserung im Verhältnis zu erreichen. Finger in die Wunden legen, nicht einfach ausblenden. Mit "einseitigem Draufschlagen" wird nichts gewonnen. So kommt man weiter und bewegt die Leute.

Seitens des Anhangs sollte man sich dringend überlegen, auf "zweideutige Aufrufe" zu verzichten. Mit Ironie versehene "Schlachtaufrufe" werden bei einem dermaßen miesen Gewaltimage in der Öffentlichkeit gar nicht als ironiebehaftet verstanden - dort kommt man gar nicht auf die Idee, dass Ironie im Spiel sein könnte. Ein Plakat wie "Deutscher Randalemeister 2011" als Ironie verkaufen zu wollen, ist zudem absolut absurd - immer wieder trifft man auf Anhänger, die stolz sind, in dieser Weise als meisterlich im Rampenlicht zu stehen. ...

Eigentlich stehen die an Gewalt interessierten Anhänger zahlenmäßig und bildlich gesehen ziemlich alleine in der Ecke, denn die Fanszene hat von dem Ärger ABSOLUT die "Schnauze voll", so sehr, dass Stadionverbote gegen die Unruhestifter immer breiter auf Akzeptanz führen, obwohl diese Art des nur Entfernens aus dem stetigen anwesenden Kerns des Anhangs als unsozial verstanden wird, weil man die betroffenen Personen aus einem sozialen Umfeld reißt, in dem sie aufgehoben sind und nicht sich und dem "Ausgestoßensein" überlässt.

ALLE müssen sich bewegen!

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