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Ausgewählte Interviews

Rainer Leben: "Ich komme nicht mit Lügen und Unehrlichkeit zurecht!"

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Herr Leben, zunächst einmal herzlichen Dank, daß Sie trotz der Absage aller Termine im Zusammenhang mit Eintracht Frankfurt, mir doch noch die Gelegenheit geben, sich mit Ihnen zu unterhalten.

Welche Motivation hatten Sie, den "Job" bei der Eintracht anzunehmen?

Am Anfang war es so, daß man mich gebeten hat, diesen Job zu übernehmen, weil man eine Unterstützung bei Bankenkontakten brauchte und mehr Ordnung ins Finanzwesen bringen wollte. Der Verwaltungsrat und auch Herr Heller haben mir versichert, daß dies ehrenamtlich zu leisten würde. Das hat mich interessiert, und ich habe es dann auch angenommen, habe aber leider dann festgestellt, daß es keine leichte Aufgabe werden würde, weil das Finanzressort in einem sehr schlechten Zustand war, was die Informationsbasis und regelmäßige Zahlenwerke anging. Das fand ich schon bei der Vorbereitung des Finanzberichts heraus. Als ich mit der Planung beschäftigt war, war mir klar, daß es sich hier ganz gravierende Schwächen vorliegen. Als ich tiefer eingestiegen bin, habe ich festgestellt, daß der Verein in den letzten Jahren nur Verluste gemacht hat, ohne nur eine Maßnahme getroffen zu haben, um diese abzuwenden. Ich habe dem Präsidium und dem Verwaltungsrat sehr deutlich gemacht, daß der Verein in der Form kurz vor der Insolvenz steht und ohne deutliche Veränderungen der Strukturen nicht überleben wird. Das hat dazu geführt, daß mich der Verwaltungsrat beauftragt hat, den Verein ganz genau zu untersuchen.

Sie haben in der Öffentlichkeit ein sehr schlechtes Image. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ich denke es liegt daran, daß man mit bestimmten Vorstellungen einen Verein betrachtet. Eintracht Frankfurt ist über Jahre von Personen geprägt worden, die weniger auf der sachlich, inhaltlichen Ebene agiert haben als auf der emotional, persönlichen Ebene. Ich habe meine Rolle als Schatzmeister anders formuliert. Es geht um die Modernisierung des Vereins. Das ist harte Arbeit, und es erfordert auch eine entsprechende wirtschaftliche Kompetenz, auch Sanierungs-Kompetenz, auch Organisationsfähigkeiten. Meine Rolle war nicht die eines Präsidenten, sondern die eines Sanierers der Eintracht.

Die Journalisten haben sich von Ihnen "von oben herab" behandelt gefühlt. Warum?

Ich habe es sicherlich nicht beabsichtigt, jemanden "von oben herab" zu behandeln. Ich habe mich rein auf den Inhalten bewegt, von denen ich etwas verstehe. Ich bin kein Experte im Profifußball, aber ich verstehe etwas von Vermögensführung. Ich habe die Presse über die Sachverhalte informiert, die die Eintracht angehen. Das sind teilweise sehr komplizierte Sachverhalte gewesen. Ich war aber nicht bereit, mich auf eine oberflächlich emotionale Diskussion zu begeben. Ich wollte immer bei der Sache bleiben.

Aus der Ecke Sylvia Schenk bzw. IMG ist zu hören, Sie seien ein "superbauernschlauer Unternehmer und "niveaulos". Was bringt diese Leute dazu, dies zu behaupten?

Daskann ich nicht sagen, weil ich die Motive dieser Personen nicht kenne. Bisher hat man mir nicht "bauernschlau" gesagt, sondern die Kommetare reichen von "aalglatt" bis "superintelligent". Ich denke, ich verstehe was von meinem Geschäft. Und ich denke, daß ich die Interessen der Eintracht kompromißlos vertreten habe. Das ist vielleicht für verschiedene Parteien, die mit der Eintracht zu tun haben und bei denen die Eintracht bisher keine Verhandlungsposition gezeigt hat, neu gewesen. Durch diese Veränderungen, weil diese Menschen bisher bei der Eintracht immer alles durchsetzen konnten, was sie wollten und dies jetzt nicht mehr möglich war, durch diese Einstellung war man überrascht, als man mit den eigenen Vorstellungen nicht durchkam. Anstatt zu fragen warum - das hätte man ja auf der sachlichen Ebene diskutieren können - hat man sich auf die Charakterdebatte begeben, und dort werde ich mich nicht hinbegeben.

Die Situation hat die ganze Zeit viel Vertrauen in Sie erfordert, da außer Ihnen niemand die Angebotssituation betreffs der strategischen Partnerschaft kannte. Dieses Vertrauen hatten Vertreter von Präsidium und Verwaltungsrat aber nicht und selbst Gespräche mit möglichen Partnern vereinbart. Warum haben Sie die Gremien nicht jeweils über den aktuellen Stand informiert?

Die Gremien sind über die Vorhaben am 11. Januar informiert worden, am 15. Februar. Die Namen der Verhandlungspartner sind dem Verwaltungsrat offiziell am 9. März vorgestellt worden, mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Herr Lämmerhirdt war mit Ausnahme der Schweizer Investoren in alle Gespäche mit eingebunden. Insofern verstehe ich diesen Vorwurf nicht.

Wenn man sie sogar schriftlich auffordert, Berichte einzuschicken?

leben.jpgMan hat mich nicht schriftlich aufgefordert, sondern man hat mich daran erinnert. Ich habe geantwortet, daß ich verwundert bin, daß man mich in dieser Situation glaubt, mich an Termine erinnern zu müssen, die ich bisher immer pünktlich eingehalten habe. Ich glaube eher, daß es ein Versuch war, einen Eindruck zu erwecken, der durch die Fakten nicht getragen wird. Wir haben im Abstand von zwei bis drei Wochen Verwaltungsratssitzungen durchgeführt, und in jeder Verwaltungsratssitzung wurde die tatsächliche Lage dargestellt. Es wurde dargestellt, wie der Stand der Verhandlungen mit den Investoren ist. Es wurden die wirtschaftlichen Vorteile und die möglichen Einflußnahmen diskutiert. Insofern ist dieser Vorwurf künstlich erzeugt, um eine Grundstimmung, wie es in der Vergangenheit auch schon bei anderen Präsidiumsmitglieder war, in der Öffentlichkeit zu erzeugen, um dann als Retter der Eintracht dazustehen, indem man jemanden, der unseriös zu sein scheint, aus dem Präsidium entfernt - das scheint Methode bei der Eintracht zu sein. Aber die Papierform sieht anders aus. Der Verwaltungsrat ist in regelmäßigen Abständen umfassend - wie es in der Geschichte der Eintracht noch nie erfolgt ist - in äußerstem Detailierungsgrad informiert worden.

Offiziell sind Sie zurückgetreten. Ist es aber nicht richtig, daß Sie der Verwaltungsrat loswerden wollte, bevor Sie Ihre Empfehlung für einen strategischen Partner mitteilen konnten?

Ich denke, daß nachdem sich zeigt, daß hinter meinem Rücken Verhandlungen geführt worden sind - ich habe diese Frage bis zum 6.5. mehrfach gestellt - man hat sie verneint. Ich habe dieses glaubhaft zur Kenntnis genommen, weil es erstens gegen die Satzung, zweitens gegen jegliche Umgangsformen verstößt. Soweit es das Präsidium betrifft, würde es sogar gegen einen Verwaltungsratsbeschluß vom 11. Januar verstoßen, nach dem das Präsidium nach außen hin durch mich nicht mehr vertretungsberechtigt ist. Insofern mußte ich davon ausgehen, daß diese Verhandlungen nicht geführt werden. Es sind offensichtlich falsche Angaben gemacht worden. Dadurch war keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr gegeben - zumal ich auch den Eindruck hatte, daß man gezielt daran gearbeitet hat, nicht auf die Sachebene der Beteiligung zu kommen, weil man verhindern wollte, daß ein Beschluß gefaßt wird, mit einem Schweizer Investor zusammenzugehen, weil ohne daß wir die wirtschaftlichen Details einer anderen Beteiligung von IMG überprüfen konnten, diese bereits in den Köpfen der Beteiligten festgesetzt war.

Man könnt die Frage, warum Sie zurückgetreten sind, auch unter dem Gesichtspunkt Ihrer Empfehlung für den Schweizer Investor betrachten. Sie haben "Swiss Invest" (Name darf erst nach Abschluß bekannt gegeben werden) als Partner empfohlen, ein anscheinend auch von den Gremien mit-bevorzugter Kandidat.

Ich denke, daß in den letzten Tagen deutlich geworden ist, daß es nicht notwendiger Weise um die Sache geht, sondern viel mehr um persönliche Interessen, um den Anspruch, diesen Verein nach außen hin zu repräsentieren, und ich bin der Meinung, daß ein Verwaltungsrat, der ja von geliehener Zeit lebt, jetzt nicht noch Fakten schaffen sollte, die ihn langfristig in die Verantwortung nehmen. Da das aber offensichtlich angestrebt war, wollte ich ein Signal senden an all jene, die bisher eher an der Seite standen, um zu sagen: Entweder hat dieser Verein gegenüber einer Führungsgruppe, die in den letzten Jahren den Verein an den Rande des Ruins geführt hat, einen Selbsterhaltungstrieb - dann verdient der Verein auch, weiterzukommen - wenn dieser Selbsterhaltungstrieb nicht vorhanden ist, bin ich nicht weiter bereit, das auf meinen Schultern ohne Unterstützung aus dem Verein weiter voran zu treiben.

Soll das heißen, der Verwaltungsrat verfolgt seine eigenen Interessen statt die der Eintracht?

Der Verwaltungsrat hat natürlich recht, daß ich eine sehr starke Konfrontation auf der Eben des Rollenverständnissis gesucht habe. Der Verwaltungsrat ist das Kontrollorgan des Vereins und ein Beratungsorgan des Präsidiums - er ist nicht das Entscheidungs-, das Führungsorgan des Vereins. Und auf diese Rolle habe ich den Verwaltungsrat festlegen wollen, ganz einfach weil bei so einer gravierenden Entscheidung über einen langfristigen Investor eine objektive Kontrolle meiner eigenen Tätigkeit notwendig ist. Diese Vermischung zwischen Tätigkeiten des Präsidiums und Verwaltungsrates haben zu dem Abschluß des ISPR-Vertrages geführt in der Form, daß er fast .......???????????? - diese Konstellation mußte ich unter allen Umständen vermeiden. Mit dem Rollenverständnis in der Satzung waren manche Personen im Verwaltungsrat aber nicht einverstanden, weil sie diese Rolle anders gesehen haben und auch noch sehen. Und das Ergebnis der Wahlen des neuen Präsidiums (Ehinger und Wolf als neue Vizepräsidenten, d. Red.) zeigt auch, wie das Rollenverständnis verschiedener Personen im Verwaltungsrat ist. Ich halte es für eine Entscheidung des Vereins, das zu akzeptieren - für mich ist es nicht akzeptabel.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Herrn Ehinger jetzt?

Ähnlich, wie es immer war. Ich schätze ihn als Mensch. In seiner Rolle als Verwaltungsrat gab es erhebliche Kontroversen. Es ist auch so, daß man mir mehrfach bestätigt hat, daß man mit der inhaltlichen Arbeit sehr zufrieden war bzw. sie hochqualifikativ, sehr sorgfältig und richtungsweisend angesehen hat. Der Verwaltungsrat ist letztendlich nicht daran gewöhnt gewesen, daß das Präsidium die Verantwortung für das Handeln im Verein übernimmt, da die Rolle des Präsidium in der Vergangenheit immer anders definiert war und das Präsidium bisher auch immer zugelassen hat. Diese unterschiedlichen Vorstellungen haben zur Kontroverse geführt.

Der nächste Fragenkomplex ist mit der Überschrift "Fehler" überschrieben - können Sie Fehler zugeben?

Ja.

Warum haben Sie vor TV-Kamera und Mitgliederversammlung nicht zugegeben, daß Sie Felix Magath 10 Mio DM an Spielerinvestitionen versprochen haben?

Ich habe Felix Magath nicht 10 Mio DM versprochen. Ich habe Herrn Magath gesagt, daß ich mit einer Bank über die Finanzierung von 10 Mio DM in Verhandlung bin, die in Spieler investiert hätten sollen. Am Tage der Unterschrift des Kreditvertrages fragte mich der entsprechenden Vorstand, ob wir Herrn Heinen und Reichenberger verpflichtet haben - das war der 9. Januar. Ich habe diese Frage mit "nein" beantwortet, weil ich der Überzeugung war, daß wir diese Spieler nicht verpflichtet hätten. Als ich am Nachmittag in die Präsidiumssitzung kam, erfuhr ich vom damaligen Präsidenten, daß diese Spieler verpflichtet worden sein. Die Bank hat dann gesagt, wir werden diesen Vorgang (Kreditvertrag, d. Red.) erstmal nicht zur Unterschrift bringen bis dieser Vorgang geklärt ist. In der Verwaltungsratssitzung vom 11. Januar hat sich dann herausgestellt, daß in der Tat Herr Heller ohne meine Genehmigung als Schatzmeister und ohne Zustimmung des Verwaltungsrats Investitionen in Spieler vorgenommen hat. Und ohne Genehmigung dess Schatzmeisters und ohne Zustimmung des Verwaltungsrats haben Herr Lämmerhirdt und Herr Lötzbeier am nächsten Tag diese Verträge bestätigt. Am Tage der Unterschrift dieser Verträge sind zwei Dinge passiert: Erstens haben wir eine bereits zugesagte Kreditlinie von 10 Mio DM verloren, zweitens mit der Unterschrift unter den Transferentschädigungsvertrages mit Bayer Leverkusen war der Verein in dem Moment zahlungsunfähig und hätte Insolvenz anmelden müssen. Nur meiner Initiative, sofort einen Zahlungsplan mit Leverkusen zu vereinbaren, ist es zu verdanken, daß wir den Verein gerettet haben.

Was wird die Eintracht beim Vertrag mit dem strategischen Partner Ihre in die Öffentlichkeit gebrachten katastrophalen Finanzdaten gekostet haben? Denn wenn ein Unternehmen schlechter dargestellt wird, kann es sich ja schlechter verkaufen.

Als wir die Verhandlungen begangen war der Unternehmenswert der Eintracht gleich Null. Die Investitionen waren rein auf das Modernisierungskonzept ausgelegt, das alle Investmentbanken und möglichen Partner als zukunftsweisend und sehr, sehr tragfähig bezeichnet haben. Dafür waren sie bereit, eine Investition vorzunehmen. Ich habe Verhandlungsspielraum gewonnen, indem wir verschiedene Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt haben, die den Druck, sofort abzuschließen, in die Zukunft gelegt haben. So war auch der Lizenzantrag nicht mehr mit einem strategischen Partner zu stellen, sondern nur noch mit dem Hinweis, daß für die nächste Saison ein solcher Partner da sein soll. Der Zeitgewinn hat dazu geführt, daß wir erstens intern eine Sanierung durchführen konnten, die die Eintracht für dieses Geschäftsjahr zum 30.6. mit einem Gewinn von 900.000 DM austattet. Das hat unsere Verhandlungsposition nachhaltig gestärkt. Mit dieser soliden Finanzlage für dieses Geschäftsjahr kann alles Geld, das investiert wird, auch in die Zukunft weiter investiert werden. Und damit ist der Unternehmenswert auch gestiegen. Im Moment ist ein Investor bereit, für einen Prozentpunkt im Bereich von 900.000 DM und 1,1 Mio DM zu zahlen. Der Schweizer Investor würde zusätzlich noch Geld in Form eines Fördervereins für den gemeinnützigen Verein Eintracht Frankfurt zum Weiterausbau der Amateurabteilungen und noch einen Lizenzfond zur Förderung des Lizenzsports bereitstellen.

Heute zweifelt kaum jemand daran, daß Sie mit der Verkündung der Finanzkatastrophe und den drei Auflagenverstößen lediglich Herrn Heller abschießen wollten? Können Sie diesem Bild in der Öffentlichkeit überhaupt entgegentreten?

Ich denke, es ist sehr schwer einem von verschiedenen Interessengruppen in der Öffentlichkeit gezeichnetes Bild durch Schlagzeilen entgegenzutreten. Ich habe mich nicht an irgendwelchen politischen Aktivitäten beteiligt. Ich habe mich für keine Interessen vereinnahmen lassen, außer denen der Vereinsmitglieder. Und ich denke, die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, daß ich weder ein Strohmann der Kinowelt noch eine Marionette des Verwaltungsrates bin. Ich habe meiner Verpflichtung zur Genüge getan, indem ich die Mitglieder als Schatzmeister voll-umfänglich über die dramatische Lage der Eintracht informiert habe.

Beim DFB gibt man Ihnen aufgrund der zugegebenen Auflagenverstöße die Schuld, daß Presse und mehrere Bundesligavereine gegen die Eintracht eine Kampagne gestartet haben, wodurch ein großer Druck auf den DFB ausgeübt wurde, der Eintracht die Lizenz oder Punkte zu entziehen. War das nicht der Fehler von Ihnen?

Ich denke, das war nicht der Fehler ... - bzw. ich bin nicht bereit, das zu akzeptieren. Denn das bedeutet, daß wenn die Eintracht diese Pflichtinformation an die Mitglieder nicht durchgeführt hätte, wäre dann möglicherweise unter dem Tisch eine Lizenz verschachert worden. Der DFB kannte die Daten und wurde von mir auch immer voll informiert. Ich habe den DFB auch über die Gegenmaßnahmen informiert. Wir haben eine Bilanz vorgelegt, die testiert worden ist und die der DFB akzeptiert hat, die deutlich gemacht hat, daß wir eben nicht die in der Vergangenheit verursachte Überschreitung der Auflagen in Höhe von 18 Mio DM hatten, sondern deutlich drunter. Wenn sich der DFB dann unter Druck fühlt, dann ist es die Frage nach der Rolle des DFB. Wenn man mit Informationen so umgeht, kann man trotzdem erwarten, daß man fair behandelt wird.

Sie sagten kürzlich, Sie oder die Eintracht hätte(n) in mehreren Fällen "buchungstechnische Korrekturen" vorgenommen. Uns interessiert jetzt nur eine Verbindlichkeit: die knapp 20 Mio DM von ISPR. Wie bilanzieren Sie in der Zukunft anstehende Ausgaben für Vermarktungsleistungen von ISPR, wenn ISPR bereits dafür gezahlt hat, daß man als Vermarkter der Eintracht auftreten kann?

Der Originialvertrag war äußerst unklar gefaßt und hatte letztlich auch Inhalte, die nicht mit dem, was ISPR und die Eintracht wollten, übereinstimmten. (Hinweis der Redaktion: Es handelt sich um ein Vertragswerk, an dem Bernd Ehinger beteiligt war, der als Leiter eines 200 Mann-Betriebs meint, fähig zu sein, jetzt als Vizepräsident den wichtigsten Vertrag für die Eintracht abschließen zu können.) Der Vertrag ist jetzt so gefaßt, daß es ein Vermarktungsvertrag ist, ISPR bringt eine Vermarktungsleistung, dafür wird ein Honorar gezahlt. Um diese Vermarktung möglich zu machen, wurde ein einmaliger, nicht rückzahlbarer Zuschuß gewährt, um die Leistungsfähigkeit der Mannschaft zu stärken. Das hat die Eintracht ja dann auch getan, aber es bleibt trotzdem, daß die Eintracht diese Gelder der ISPR in voller Höhe investiert hat, was sicherlich keine wirtschaftlich tragfähige Leistung war.

Sie haben kürzlich verkündet, man hätte die Schieflage korrigiert und würde am Ende des Geschäftsjahres eines der besten Ergebnisse der letzten Jahre ausweisen, mit einem positiven Ergebnis. Ist das angesichts der Veräußerung von 25,1% der Vereinsrechte / -anteile nicht zu erwarten?

Moment, dieses Ergebnis ist unabhängig von der Investition. Das Ergebnis wird erzielt durch einige Destrukturierungsmaßnahmen sowohl durch die sorgfältige Überprüfung sämtlicher Vertragsbeziehungen mit Dritten, die wir jetzt sachgemäß gebucht und bilanziert habe, zusätzlich aber auch einige Strukturveränderungen, darüber hinaus aber auch einige Kostensenkungen, die wir erreicht haben.

Das Eigenkapital, das wir für die Veräußerung von 25% erhalten, würde uns zum Saisonende bei sofortiger Zahlung in eine Eigenkapitalposition von 20 Mio DM unter Abzug des Negativeigenkapitals bringen. Wir werden, wenn es dem Verein unter der neuen Führung gelingt, all die notwendigen Maßnahmen mit aller Konsequenz zu realisieren, im nächsten Jahr ein Ergebnis von kalkulierten 3,1 Mio DM Verlust haben - trotz aller Destrukturierung, die wir vorhaben. Im Jahr darauf, die Saison 2001/2002 war ein Gewinn geplant von 4 Mio DM, so daß dann der Verein zwei Jahre nach der eigentlichen Sanierung mit einem Eigenkapital zwischen 8 und 12 Mio DM ausgestattet ist. Das ist eine Vermögenslage, die der Verein in seiner gesamten Geschichte nicht hatte. Das ist wirklich das erste Mal, daß ein Schatzmeister zurecht mit diesem Titel ausgestattet ist.

Blick in die Zukunft - Was hat ein Präsident bei der Eintracht zukünftig noch zu sagen? Ist nicht der Vorstandsvorsitzende der Holding AG - was Sie ja waren - der mächtige Mann?

Nein, es gibt zwei Bereiche, der gemeinnützige - der Amateurbereich - ein enorm wichtiger, weil er soziale Verantwortung für die ganze Wirtschaftsregion Rhein-Main wie auch Hessen hat. Dieser Amateurbereich sollte weiter ausgebaut werden, neue Sportarten geführt werden nach drei Prinzipien: Leistungssport, Breitensport, Behindertensport. Er sollte auch gemeinnützige Projekte initieren, und das ist eine ganz umfangreiche Aufgabenstellung für ein Präsidium, vor allen Dingen auch, wenn dann Projekte, die durchzuführen sind, wirtschaftlich dargestellt werden müßten, um von dem beabsichtigten Förderverein, den der schweizer Investor gründen sollte, auch die entsprechenden Gelder zu bekommen. Insofern ist das Präsidium im Rahmen der Gemeinnützigkeit mit ähnlichen Aufgaben versehen wie der Vorstandsvorsitzende der Holding, nur daß dieser Vorstandsvorsitzende der Holding mit seinen Vorstandskollegen die Ressorts Lizenzsport, Marketing, Service und Finanzen zu verantworten hat. Es ist also eine Gleichwertigkeit. Der Präsident repräsentiert zwölf oder 14 Sportarten. Auch die Jugend- und Nachwuchsarbeit repräsentiert die soziale Verantwortung des Vereins und muß daher auch getrennt sein von der Funktion des rein kommerziell orientierten Vorstandsvorsitzenden. Das Präsidium sitzt im Aufsichtsrat der Holding und kontrolliert den Wirtschaftsbereich, während der Vorstandsvorsitzende nicht im Verwaltungsrat sitzt und das Präsidium kontrolliert.

Bei dem Stichwort fällt mir ein, daß Herr Patella Ende dieses Monats einen Vortrag über die soziale Verantwortung von Sportvereinen anhand des Negativbeispiels Eintracht Frankfurt hält.

Damit hat er auch Grund. Ich hoffe, er vergißt nicht, daß er drei Jahre lang Schatzmeister war. Er hätte da sicherlich einige soziale Verantwortung ausüben können. Das Konzept, daß ich entwickelt habe, hat die Investoren immerhin überzeugt, diesen Verein Eintracht Frankfurt auch für ihr eigenes Markenbild benutzen zu wollen und letztendlich nicht nur als der knallharte Vermarkter oder der knallharte Investor.

Bestand bei Eintracht Frankfurt keine Interesse, die neue Saison mit einer zweiten Mannschaft in der Lizenzsport AG zu beginnen?

Mit einer zweiten Profimannschaft?

Die Eintracht-Amateure wären automatisch in die Regionalliga (ab 2000/2001 3. Profi-Liga) aufgestiegen (die anderen Oberligisten haben verzichtet), hätte man Lizenzunterlagen eingereicht - das hat die Eintracht aber nicht getan.

Das geht aber nicht, wenn Sie eine Lizenzspielermannschaft in der ersten oder zweiten Liga haben ... glaube ich ...

In der dritten Liga dürfen die Amateurmannschaften von Profivereinen noch mitspielen, sonst müßten alle Amateurteams von Stuttgart, Bayern München bis Werder Bremen zwangsabsteigen. Beim Einreichen der Unterlagen wäre man automatisch in die 3. Liga aufgestiegen.

Gut, das ist mir nicht bekannt. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Dafür haben wir ganz profilierte Menschen, die sehr viel von Fußball verstehen. Dafür haben wir einen Geschäftsführer im Verein, der das zu regeln hat.

Das ist ein Gedankengang, den man mal hat. Und da in der Lizenzsport AG auch weitere Profimannschaften eingebunden werden sollten, wie evtl. mal das Basketball-Team, fand ich die Frage lohnenswert.

Das ist richtig. Der Vorwurf, daß ich mich nicht informiere mag in einzelnen Bereichen durchaus gerechtfertigt sein - ich habe sehr stark darüber nachgedacht, aber es ist sicherlich keine einseitige Sache, wenn Sie sehen, daß ich darüber nicht informiert werde.

Sie sprachen von der "Weltmarke" Eintracht und davon, einen Nationalmannschaftsblock zu stellen. Ist das realistisch? Und Sie sprechen von 20.000 Mitgliedern ... bei den deutlich höchsten Mitgliedsgebühren in der Bundesliga?

Ja, ... wie man Mitglieder akquiriert habe ich ihnen ja noch nicht gesagt. Es ist sicherlich die Frage, ob der Verein so hohe Mitgliedsgebühren haben muß, zweitens ist es nicht besonders attraktiv, bei der Eintracht zu sein. Das Image ist nicht besonders gut. Der Riederwald ist ein Drama. Der Verein muß sich zunächst mal als mitgliedswürdig darstellen, auf der Reputationsebene, auf der Infrastrukturebene - der Riederwald müßte dringend saniert werden - Plan war, daß wir mit dem Investor so viele Finanzmittel zusammenstellen, daß wir nicht als Mieter die Stadt zwingen wollen, den Riederwald zu sanieren, sondern daß wir selbst einen Beitrag zur Sanierung leisten und aus eigenen Kräften schaffen. Wenn sich die wirtschaftliche Situation so entwickelt, wie ich es geplant habe, sind wir mit Sicherheit nicht mehr von Mitgliedsbeiträgen abhängig.

Sind Sie mit Ihrer Familie kürzlich nach Berlin gefahren, um die Eintracht spielen zu sehen oder einen Einkaufsbummel zu machen? (siehe Fgv Nr. 85, S. 36, d. Red.)

Ich bin nach Berlin gefahren aus zwei Gründen: natürlich um die Eintracht spielen zu sehen und natürlich auch, um im Hinblick auf die Lizenzierungsmaßnahmen das eine oder andere Gespräch im VIP-Raum zu führen.

Können Sie nachvollziehen, warum man Ihnen vorwirft, kein Herz für die Eintracht zu haben?

Nein, kann ich nicht. Ich habe einen Großteil meiner Arbeitskraft in den Dienst der Eintracht gestellt. Ich habe erstmals in der Geschichte der Eintracht als Einzelperson in Höhe von 2,5 Mio DM gebürgt, ohne dafür etwas zu verlangen ...

Das geht so einfach ... ?

Ich habe mein gesamtes persönliches Vermögen verpfändet, um diese Privatbürgschaft zu stellen, damit die Eintracht .....................?, weil ich von dem Konzept überzeugt bin und weil ich überzeugt bin, daß dieser Verein für die Region wichtig ist. Und wenn ich sehe, wie meine Kinder an diesem Verein hängen, beim sportlichen Erfolg mitzittern, und wenn ich sehe, wie die Freunde meiner Kinder das tun, dann .............?

Andererseits munkelt man schon wieder, die 2,5 Mio DM könnten von dem Investor kommen.

Egal, was man tut. Für die einen ist es so, für die anderen umgekehrt. Ich glaube, ich könnte tun, was ich wollte. Man würde immer versuchen, es negativ auszulegen.

Sie wußten, daß wenn die Eintracht durch Sie scheitert bzw. gescheitert wären, Sie Ihr Leben lang gebrandmarkt wären und sich in Frankfurt nicht mehr hätten blicken lassen können?

Die Eintracht ist nicht gescheitert. Sie hat das beste Ergebnis in ihrer Geschichte. Was jetzt nach dem 6.5. passiert ist von denen zu verantworten, die diese Situation herbeigeführt haben. Sie haben sie herbeigeführt, wissend, daß sie keinen qualifizierten Nachfolger haben, wissend, daß sie für diese Materie nicht kompetent genug sind. Es ist ein Unterschied, ob Sie ein mittelständisches Unternehmen führen oder ob sie über Visionen, Strategien und Beteiligungsverhandlungen sprechen, die eine erhebliche Erfahrung erforderlich machen.

Werden Sie weiterhin Eintracht-Mitglied sein?

Ich werde es weiter sein. Ich trenne eindeutig zwischen politischen Machtkämpfen und dem Verein Eintracht Frankfurt.

Sind Sie erleichtert, daß jetzt alles vorbei ist?

Ich bin erleichtert, weil ich die Situation in der Tat als untragbar empfunden habe. Ich komme gut mit Druck zurecht, auch mit Anfeindungen zurecht, aber ich komme nicht mit Lügen und Unehrlichkeit zurecht. Da tue nicht mir nicht an. Ich bin ein Prinzipienmensch. Ich habe diese Aufgabe übernommen, Als ich erkannt habe, daß sie mehr ist, habe ich sie nicht zurückgegeben. Ich habe alles eingesetzt, um diese Aufgaben nach besten Kräften zu erledigen. Daß mir dabei Fehler passiert sind, mag so sein auf der Interakationsseite, aber auf der fachlichen Seite sind keine Fehler passiert - Gott sei Dank. Ich bin immer noch in der persönlichen Haftung. Aber die Situation ist für mich bei diesem Umfeld jetzt wesentlich leichter. Ich sehe nicht ein, daß ich mit der Zeit, die meinen Kindern zusteht, weiter in ein System eindringe, das dieser Zeit nicht würdig ist.

Herzlichen Dank für das Interview!

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